Hochwasser? Da kommt noch viel mehr, und nicht erst in 100 Jahren…

Alle paar Jahre ein Jahrhundert-Hochwasser? Demnächst jedes Jahr ein Jahrtausend-Hochwasser?

Na logisch. Wasser ist eine „Nach-unten-fließ-Sache“. Je schneller das Regenwasser in die Flüsse kommt und je mehr Deiche und Dämme gebaut werden, desto höher werden die Hochwässer. Jeder Sandsack-Damm, der jetzt mit „Helfern“ gebaut wird vergrößert das Hochwasser flussabwärts. Die Magdeburger stöhnen über Rekord-Pegelstände. Haben die „Helfer“ in Dresden zu viele Sandsäcke gefüllt und zu erfolgreich die Dämme verteidigt? Wasser braucht Auen sonst wird es flussabwärts immer schlimmer. Ich wiederhole dies, weil es sonst wohl nie kapiert wird.

Wenn ich die Nachrichten über die Hochwasser-„Opfer“ wahrnehme bekomme ich Kopfschütteln von der weit verbreiteten Dummheit.

Dumm ist beispielsweise:
– zu Pfingsten Nachrichten über Starkregen hören und viele Tage später sich beschweren, dass das Hochwasser „überraschend“ gekommen ist.
– Autos nicht wegfahren sondern stehen lassen obwohl Hochwasser kommen könnte. (zB Autohändler)
– Häuserbau im Überschwemmungsbereich
– Hochwasserschutz-Deiche bauen. Wasser braucht Platz!!!
– auf Hochwasser nicht vorbereitet sein obwohl selbst Versicherungen keinen Hochwasserschaden versichern würden. An solchen Standorten baut man doch kein Haus, sondern wenn überhaupt etwas, dann ein Schiff auf dem Trockenen vor Anker. Bei Hochwasser würde das Haus einfach nach oben treiben und danach sich wieder setzen.
– Regenwasser vom Dach in die Kanalisation anleiten
– Wasserklo statt Trockenklo
– Einkauf von nicht-Bio-Nahrung weil Felder der  Nicht-Bio-Bauern weit mehr Erosion und Wasserabfluss haben als Felder von Bio-Bauern.
– glauben, dass Bio-Nahrung teurer sei als „konventionelle“ Nahrung. Die Folgekosten des Gift-Futters ist unermesslich, und wenn es über Hochwasser spürbar wird!!!
– Flurbereinigung
– Bach und Fluss-Begradigung
– Versiegelung von Flächen
– alles was den Humus zerstört (Humus kann Wasser speichern)
– Einsatz von Pflug in der Landwirtschaft (Humusverlust durch Erosion)
– Einsatz von jeglichen Pestiziden in der Landwirtschaft (sie zerstören das Bodenleben und damit den Humus)
– Biogas-Anlagen für die Maisfelder angebaut werden (Humusverlust / Bienensterben).
– glauben, dass Biogas-Anlagen „ökologischen“ Strom herstellen während sie mithelfen über Monokulturflächen und Preisteigerungen an Pachtkosten, die kleinen Bauern in den Ruin zu stürzen, den Humus zu zerstören, die Bienen auszurotten und Hochwasser zu fördern.
– Photovoltaik-Anlagen, die Strom produzieren auch wenn die im Wasser stehen (Lebensgefahr für Helfer)
– fehlende Teiche auf jedem Hektar Landschaft (= Retensionsflächen)
– Fortführung des Raubtier – Kapitalismus denn Zerstörung ist dabei „Wachstum“.
– Spenden sammeln und so den Lerneffekt bei den Opfern reduzieren oder abschalten.

und ganz zentral:
– glauben, dass es Spezialisten und „die da oben“ es schon richtig machen.

Mit so viel Dummheit ist kein Kampf zu gewinnen. Vielleicht wäre es besser überhaupt nicht zu kämpfen…
Eine sinnvolle und funktionierende Zukunft können wir dann erschaffen wenn jeder bei sich anfängt, selber denkt und selber sinnvoll handelt.

Schon seit vielen Jahrzehnten ist bekannt was man tun könnte. Wenige Menschen tun dies auch.
Kenner der Permakultur bauen Häuser beispielsweise am oder knapp unterhalb des Keypoints, der Keyline (nach Yeoman). Dazu gibt es ein sehr verständliches Bild auf dieser Webseite:
http://www.small-farm-permaculture-and-sustainable-living.com/small_farm_earthworks.html
Es ist der Punkt an dem der konvexe Bereich des Hanges in den konkaven Bereich übergeht. Darüber ist zu viel Wind, und darunter ist zu viel Frost und Hochwasser Gefahr.

Sehr schöne und ausführliche Erklärungen gibt es (in englisch) hier:
http://www.southampton.ac.uk/~doctom/teaching/permaculture/PDC/02-humid-landscapes.html

Aus der obigen Liste kann jeder auch selbst viele Punkte finden die sinnvoll sind zu tun. Ob man dadurch sich selbst davor schützt von Hochwasser betroffen zu werden oder ob man dadurch hilft, dass kommende Hochwässer nicht ganz so stark ausfallen ist dabei unwichtig. Hauptsache man geht in die richtige, sinnvolle, Richtung.

Ach, noch was: Sandsäcke füllen ist auch kritisch weil uns langsam aber sicher der Sand ausgeht.
Dazu habe ich gerade heute ein ganz besonderes Filmchen gesehen. Diese Sand-Problematik war mir noch nicht im Ansatz bekannt!

8 Gedanken zu „Hochwasser? Da kommt noch viel mehr, und nicht erst in 100 Jahren…“

  1. Lieber Konstantin,

    jeden einzelnen der Punkte kann ich nur unterstreichen. So gut zusammen gefasst, habe ich das bisher nicht gefunden. Danke!

    Christa

  2. Danke für diese aufgeführten Punkte und Denkanastöße! Über einige muss ich noch reflektieren.
    Wenn Häuser natürlich vor langer Zeit mal dummerweise dort gebaut worden sind, ist es für die dort lebenden Mensche natürlich kein Kleines, das einfach aufzugeben. Denn dann steht Mensch ja erst einmal wieder vor dem sog. Nichts. Verkaufen wäre ja dann ein schlechtr Witz. Erstens wäre es unkoscher und zweitens: wer wollte das haben?
    Lieben Gruß von Viola

  3. Hallo Viola,
    einerseits müssten solche Anwesen Schadensersatz bekommen von all jenen, die flussaufwärts Dämme gebaut haben, Auen bebaut haben usw. Da dies unrealistisch ist, würde ich an so einer Stelle erwägen das zu machen was man in einem Überschwemmungsgebiet unternehmerisch sinnvolles tun kann: Fischzucht, Anbau von Wasserpflanzen, Anbau von Weidenruten für Weidendome etc. Man macht aus dem Problem am besten eine Lösung.
    Liebe Grüße
    Konstantin

  4. Ja, das sind Überlegungen. Dennoch: wenn du unrealistisch findest – dabei ist es ja nur logisch und naheliegend – Schadensersatz auszubezahlen – so ist es natürlich auch kein Einfaches, seinen Beruf mal eben an den Nagel zu hängen, um sich mit Fischen etc. zu beschäftigen :-)) Was mich nur wirklich mehr als nur wundert, das ist: wenn Menschen schon lange in so einem Gebiet wohnen, werden sie sich doch zwangsläufig mal damit auseinandersetzen. Und da wird doch diese auch wieder naheliegende Lösung zu Ohren kommen, sie ich doch kein Geheimnis: dass nämlich Wasser Platz braucht. Dafür also müsste jemand, der sort wohnt – und es ist ja kein einzelner – sich einsetzen. Aber wie so oft: Masse Mensch bewegt sich laaangsam, das Kollektiv im Gesamten braucht Zeit. Nur: die wird immer weniger geschenkt, weil jetzt Eigenverantwortung „auf em Plan steht“. Schwierig . . . wenn es nicht gelernt wurde. Der gesunde Menschenverstand, das wahre Wissen um die Zusammenhänge (und die Umsetzung entsprechend), die Intuition: all das wurde oft über die verdrehten Strukturen nicht „erlaubt“ – nun werden Menschen gezwungen zu verstehen. Danke für diese Anstöße, ich selbst wohne nicht in einem solchen Gebiet, aber ich hätte es wohl kaum so gesehen, wenn es hier nicht stünde. Lieben Gruß.

  5. Vielen Dank für diese komprimiert dargelegten Aspekte, sehr hilfreich. Ich werde gleichzeitig wütend, wenn hier wiederholt von „Dummheit“ und „die Dummen“ die Rede ist. Vom Triumph des Besserwissers aus lässt sich meiner Meinung nach kein „Dummer“ zum Umdenken bewegen. Vielmehr brauchen wir Einladungen, die keine Mauern von „wir“ und „die“ stärken, sondern abbauen.
    Ich verstehe, dass es kurz vor zwölf ist, was das Thema angeht. Dennoch mein Plädoyer: Die Kraft für den Kampf um Alternativen und ein Umdenken darf nicht aus Verurteilungen heraus angetrieben werden.

  6. Hallo Eva,

    kennst Du den Film „Forrest Gump“? Da heißt es: Dumm ist der, der Dummes tut.

    Bei Wikipedia kann man zu „Dummheit“ diese Definition finden:
    Im engeren Sinne ist Dummheit die mangelhafte Fähigkeit, aus Wahrnehmungen angemessene Schlüsse zu ziehen beziehungsweise zu lernen. Dieser Mangel beruht teils auf Unkenntnis von Tatsachen, die zur Bildung eines Urteils erforderlich sind, teils auf mangelhafter Schulung des Geistes oder auch auf einer gewissen Trägheit und Schwerfälligkeit im Auffassungsvermögen beziehungsweise der Langsamkeit bei der Kombination der zur Verfügung stehenden Fakten oder Daten. Jedenfalls ist die Dummheit ein Sachverhalt, der noch innerhalb der Grenzen der normalen kognitiven Fähigkeiten liegt und deshalb von geistiger Behinderung oder Unsinn unterschieden werden muss.

    Ich erlaube mir, das als „dumm“ zu bezeichen was es meiner Ansicht nach ist.
    Bin ich ein Besserwisser? Vielleicht. In einigen Punkten mener Ansicht nach sogar sehr wahrscheinlich. Bin ich auch dumm? Ganz sicher, es gibt viele Bereiche des Daseins in denen ich, bzw. mein Verhalten as „dumm“ bezeichnet werden kann. Warum auch nicht? Es gibt sehr viele Bereiche des Daseins wo viele, auch jüngere Menschen, vieles besser wissen als ich.

    Wenn Du wütend wirst über meine Worte, dann hilft die Emotion Dir möglicherweise besser und schneller zu denken. Ich kenne Deine Situation nicht. Vielleicht würde ich all Deine Handlungen als genial bezeichen und trotzdem wurdest Du womöglich vom Hochwasser getroffen. Niemand braucht sich herabgewertet fühlen nur weil ich etwas als „dumm“ bezeichne. Wertvoller wäre es zu prüfen ob meine Anregungen hilfreich sind.

    Grüße
    Konstantin

  7. Es freut mich ungemein, endlich mal etwas zum Klima zu lesen, daß ohne die üblichen Klimawandel-Katastrophenszenarien auskommt. Nein, genauso ist es !! Wetterextreme gab es schon seit Menschengedenken, aber die ganze Klimawandel-Litanei verbirgt genau diese Problematik unseres Umgangs mit Böden, Land und Gewässern.

    Viele Deutsche kennen keine naturbelassenen Flüsse … die bestehen aus weiten Auen, mäandrierenden Flußläufen (im Tiefland), Nebenarmen etc. Wir bebauen diese Flächen seit 200 Jahren als Ackerland, und in den letzten Jahrzehten auch immer mehr mit Häusern. Wenn es dann Überflutungen gibt, ist es so, als würde man sein Zelt direkt am Meer aufbauen und sich wundern, warum es auf einmal von Wellen umspült wird.
    Und … ganz genau – fruchtbare lockere vegetationsreiche Böden geben dem Wasser viel Zeit, in den Boden zu sickern und zu Grundwasser zu werden. Auf kargen industriell bewirtschafteten Ackerflächen mit ausgedörter Oberfläche kann schon jeder Gewitterregen zu ungehemmtem Abfluß und Erosionsrinnen führen.

    Es grüßt – Timm !

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