Etikettenschwindel bei Honig

Vor vielen Jahren fand ich auf Honiggläsern einen inhaltlich schwachsinnigen Satz:

„Wie andere Rohkost auch ist Honig für Säuglinge unter 12 Monaten nicht geeignet.“

Gestern habe ich mal wieder auf handelsübliche Honiggläser geblickt und den Satz wieder gefunden:
Alnatura, Bio-Vielblütenhonig, 500gr
(Bilder zum Vergrößern anklicken)

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Gestern habe ich einen noch schwachsinnigeren Satz entdeckt:
Bihophar Fairtrade Wildblütenhonig, 500 gr

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Dort steht: „Durch seine Naturbelassenheit ist Honig für Säuglinge unter 12 Monaten nicht geeignet“

Ganz krass wird es wenn man google bemüht:

Google Suche nach „Wie andere Rohkost auch ist Honig für Säuglinge unter 12 Monaten nicht geeignet.“

627 Ergebnisse!

Google Suche nach „Durch seine Naturbelassenheit ist Honig für Säuglinge unter 12 Monaten nicht geeignet“

106 Ergebnisse!

Es ist also kein Einzelfall, sondern schon eine Art Seuche.

Haben die Texter der Etiketten überhaupt noch ein Hirn um selber zu denken? Selbst wenn Honig für Kleinkinder kritisch wäre, so sind die Begründungen absolut falsch:

„Wie andere Rohkost auch …“
„Durch seine Naturbelassenheit …“

Hallo????? Man könnte Schreien bis die Regale der Supermärkte einstürzen.

Was ist die naturgemäße Nahrung für Kleinkinder? Also auf meinem Planeten unter Menschen ist das Muttermilch.
Diese Muttermilch ist roh und naturbelassen. Beides: Rohkost und Naturbelassenheit ist also unmöglich als Grund zu benennen um ein Nahrungsmittel als ungeeignet für Säuglinge zu bezeichnen!

(Für Ausserirdische von anderen Planeten sowie für Bioroboter mag es andere Nahrung geben, die Kleinrobotern gegeben werden sollte, zB Schmieröl und Benzin.)

Ich nenne diese Sätze auf Honiggläsern Etikettenschwindel:

Etiketten dienen der vereinfachten Information über den Inhalt und den Kontext eines Gegenstandes. Im Gegensatz zu einem ausführlichen Datenblatt muss das Etikett dabei den Kompromiss zwischen umfassenden, korrekten Fakten und einer kurzen, allgemeinverständlichen Übersicht finden. Wird diese Vereinfachung missbraucht, so spricht man vom „Etikettenschwindel“.

Verstärkt wird die Möglichkeit des Etikettenschwindels durch die Nutzung des (Waren-)Etiketts als Werbefläche. Da diese Werbefläche maßgeblich zum Verkaufserfolg der Ware beiträgt, entsteht eine Konfliktsituation:

  • das Etikett soll eine vereinfachte, wahrheitsgemäße Inhaltsangabe liefern, und
  • das Etikett soll eine verkaufsfördernde Funktion erfüllen (bei der die Wahrheit nebensächlich ist).

(Zitat aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Etikettenschwindel)

Punkt 1: Die Honigaussagen sind nicht korrekt.
Punkt 2: Die Honigaussagen sind nicht kurz.
Punkt 3: Die Honigaussagen sind nicht allgemeinverständlich.
Punkt 4: Die Honigaussagen sind nicht vereinfacht.
Punkt 5: Die Honigaussagen sind nicht wahr.
Punkt 6: Die Honigaussagen sind nicht verkaufsfördernd.

Zum Vergleich des Schwachsinns ein anderer Satz:
„Wegen der gelben Farbe sind Bananenschalen nicht zum Schuheputzen geeignet.“

Schon im Jahr 2008 habe ich im Imkerforum auf die schwachsinnige Honigglas-Formulierung hingewiesen. Dies hat leider nicht gereicht, diese Formulierungen verschwinden zu lassen. Mal sehen ob nun dieser Blogeintrag etwas bewirkt.

8 Gedanken zu „Etikettenschwindel bei Honig“

  1. Hallo Konstantin,

    unsere Welt ist wirklich völlig verdreht geworden….. aber ist es überhaupt noch unsere Welt? Meine Kinder sind mit Honig und Muttermilch aufgewachsen und sie sind gesund und munter.
    Wir haben uns 2014 in Bad Meinberg beim Seminar getroffen und ich habe deinen spannenden Erzählungen über dein Naturhaus gelauscht, vor ein paar Tagen habe ich deiner Zusammenfassung von den Anastasiabüchern gelauscht und ich fand es sehr tiefgängig. Hier möchte ich die Gelegenheit nutzen, dir danke zu sagen. Alles Liebe Anke

  2. Ist zwar kein Honig gewesen, aber auf der flouridfreien Zahngel-Tube von unserem Sohn (1J) steht wörtlich: „Für Kinder geeignet, die ausreichend Fluorid erhalten (z.B. Fluoridtabletten)“. Was für ein Schwachsinn.. da kaufe ich extra flouridfreie Zahnpasta und werde dann aufgefordert, Flouridtabletten zu besorgen. Selber denken ist halt doch die einzige Lösung in diesem Irrenhaus…

  3. https://www.aerztekammer-bw.de/20buerger/30patientenratgeber/g_m/honig.html

    Kommentar von Konstantin Kirsch:
    Hallo Elias, danke für den Link zu dem wissenschaftsfernen Artikel auf der Seite der Ärztekammer.
    In dem Text steht: „Bei der Verarbeitung von Bienenhonig können jedoch grundsätzlich Bakterien aus der Umwelt in den Honig gelangen.“ Direkt nach diesem Satz, der für ALLE Verarbeitungsvorgänge von ALLEN Lebensmitteln zählt und NIEMALS nur auf Honig ALLEINE gelten kann der folgende Satz, der in KEINEM Zusammenhang mit dem vorherigen Satz steht: „Besonders gefährlich für Säuglinge ist der Krankheitserreger Clostridium botulinum, der ein lähmendes Gift bildet.“ Danach folgt nur noch was alles passieren kann bezüglich diesem Erreger und abschließend wieder ein (aus der Luft gegriffener) Zusammenhang zum Honig: „Um den Säugling wirksam zu schützen, muss in den ersten 12 Lebensmonaten vollständig auf jegliche Verwendung von Honig in jeder Form verzichtet werden.“

    Wenn, dann müsste es heißen: „Um den Säugling wirksam zu schützen, muss in den ersten 12 Lebensmonaten vollständig auf jegliche Verwendung von VERARBEITETEN Lebensmitteln in jeder Form verzichtet werden. Der Säugling sollte auf jeden Fall nur keimfreie Luft atmen, also rund um die Uhr eine Entkeimungs-Atemmaske tragen, jegliche Berührung mit Lebewesen muss unterbunden werden (Keimübertragung mehr als wahrscheinlich), der Kontakt mit künstlich hergestellten Materialien, Kunststoffen und Stoffen (zB Windeln) muss unterbunden sein weil daraus giftige Substanzen auf die Haut des Säuglings und damit in seinen Organismus eindringen können …“

    So ein Satz wäre in seiner Absurdität für den Laien erkennbar (Übertreibung macht anschaulich).
    Mich erinnert der Text der Ärztekammer an dieses Zitat vom Deutschen Ärzteblatt 99, Ausgabe 38 vom 20.09.2002

    […]
    Der Wettbewerb zwingt zur Erschließung neuer Märkte. Das Ziel muss die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein, also in Menschen, die sich möglichst lebenslang sowohl chemisch-physikalisch als auch psychisch für von Experten therapeutisch, rehabilitativ und präventiv manipulierungsbedürftig halten, um „gesund leben“ zu können. Das gelingt im Bereich der körperlichen Erkrankungen schon recht gut, im Bereich der psychischen Störungen aber noch besser, zumal es keinen Mangel an Theorien gibt, nachdenen fast alle Menschen nicht gesund sind.
    […]

    Wenn Ärzte vor etwas warnen, kann es sein, dass sie vor der Gesundheit warnen!

    Auch passend dazu ist ein Gedicht von Eugen Roth:

    Was bringt den Doktor um sein Brot?
    a) die Gesundheit, b) der Tod.
    Drum hält der Arzt, auf daß er lebe,
    Uns zwischen beiden in der Schwebe.

    Ganz grundsätzlich habe ich in meinem Blogeintrag nicht behauptet, dass Honig für Kleinkinder gut und/oder gefahrlos wäre. Ich habe angeprangert, dass die BEGRÜNDUNG „roh“ bzw. „naturbelassen“ der Warnungen falsch ist.

  4. Hallo Konstantin, Kirsch.
    Vielen Dank, für ihre ausführliche Antwort! Sie haben schon Recht, dass die Begründung auf dem Tablett merkwürdig/schleierhaft ist. Ich denke es geht dem Hersteller/dem für das Etikett Verantwortlichen nicht darum, generell vor Rohkost oder naturbelassener Nahrung zu warnen. Vermutlich geht es eher darum, sich rechtlich abzusichern, sollte ein Säugling/Kleinkind, welches Honig zu sich genommen hat, erkrankt sein und sollte, jemand den Hersteller, wegen eines tatsächlichen oder angeblichen Zusammenhangs mit dem Honig, verklagen. Ich meine ähnlich wie bei den Kaffebechern bei fast-food-Ketten, auf denen davor gewarnt wird, dass der Kaffee heiß ist.
    Schöne Grüße wünscht,
    Elias Scheller

    Kommantar von Konstantin Kirsch:
    Ja, das ist sicher der Grund, nur wäre es ohne weiteres möglich eine rechtlich einwandfreie und inhaltlich richtige Aussage auf das Etikett zu schreiben. Eine inhaltlich falsche Aussage (zB mit falscher Begründung) könnte im Zweifelsfall vor Gericht sogar zu Ungunsten des Hersteller ausgelegt werden. Denkbar wäre zB:
    „Aus juristischen Gründen gilt: Für Säuglinge unter 12 Monaten nicht geeignet“
    oder:
    „Aus Gründen der Sicherheit gilt: Für Säuglinge unter 12 Monaten nicht geeignet“

    Da wären viele Formulierungen denkbar. Aber eine inhaltlich falsche Begründung ist einfach Panne und kann nicht ernst genommen werden. Und das Nicht-ernst-nehmen von wichtigen Warnungen sehe ich als sehr gefährlich an.

    Viele Grüße
    Konstantin Kirsch

  5. Nach dem Hinweis, dass Honig außer Reichweite von Kleinkindern aufbewahrt werden sollte, wird sich ein nächster anschließen, der vor Allergenen warnen wird. Bald liest man:

    Aus juristischen Gründen gilt: Einnahme, Konsumierung, Genuss, Auftischung, Fütterung und Gebrauch von Alnatura Honig erfolgen auf eigene Gefahr.

    Vor dem Verzehr durcherhitzen!

    Dann verkauft man Honig am besten auch gleich nicht mehr als Lebensmittel, um nicht unter die Lebensmittelverordnung zu fallen:

    Aus juristischen Gründen können wir Ihnen Honig nicht als Lebensmittel anbieten; dieses Produkt ist daher nicht zum Verzehr geeignet.

    Interessant ist auch ein Blick zur Tiermilch: In Deutschland ist nach § 17 LHMV (Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung) das Inverkehrbringen von roher (Tier-) Milch verboten. Ausnahmen hiervon gibt es nur 1. für hygienisch streng kontrollierte Betriebe, die Rohmilch unter dem Namen Vorzugsmilch bis 96 Stunden nach dem Melken abgeben dürfen und 2. für Molkereien unter der Maßgabe, dass die Milch nicht älter als 48 Stunden ist, nur direkt an den Verbraucher abgegeben wird und der Hinweis vorhanden ist, dass das Produkt vor dem Verzehr abzukochen ist.

    Der mahnende Satz „Bei der Verarbeitung von Bienenhonig können jedoch grundsätzlich Bakterien aus der Umwelt in den Honig gelangen“ ist widersinnig und geradezu lebensfeindlich; ohne Bakterien wird ein Mensch wohl keine paar Stunden überleben. Zahlen aus dem Internet zufolge machen Mikroben 2 kg des Körpergewichts eines Erwachsenen aus!

    Interessant auch folgende Frage: Wann findet die Besiedlung des Darms eines jungen Menschen statt? Die ersten Bakterien gelangen anscheinend schon über die Plazenta oder das Fruchtwasser in den Körper eines Kindes. Anschließend nimmt das Kind die erste größere Menge im Geburtskanal zu sich. Danach geht es dann schnell: Bakterien aus der Luft, Bakterien in der Muttermilch, Bakterien auf der Brust der Mutter; nach der Unlogik der Ärztekammer BW ist der junge Erdenbürger wohl schon ein Patient für das Krankenhaus.

    Wer in einem lebendigen, biologischen Körper lebt, aber Bakterien bekämpft, bekämpft sich selbst; wer sterilisierte Milch trinkt, trinkt etwas Totes: Meiner Meinung nach schadet er sich damit nur selbst und gibt seinen Körper langfristig dem Zerfall preis. Erst wenn dieser Zustand der Degeneration eintritt, hervorgerufen durch eine schlechte Lebensweise (siehe Ernährung, niedere Gefühle …), bietet der Körper in größerem Maße abbauenden Bakterien eine gute Umwelt.

    In der Medizin sollte kein Bakterium isoliert betrachtet werden. Es zählt nicht nur der Keim oder Same, es zählt dann vor allem der Nährboden, das Milieu, die Umwelt. Potentiale sind in den Menschen und in der Natur unzählig angelegt und vorhanden, aber einen Raum zur Entfaltung gilt es immer noch zu schaffen.

    Liebe Grüße
    Hakon

  6. Kinder bis 1 kann man stillen, und die brauchen keinen Honig. Die Gefahr von Clostridien ist zwar nicht besonders hoch, aber doch gegeben. Ich denke das passt schon so.

    Kommentar von Konstantin Kirsch:
    Was „passt schon so“? Die Etiketten mit inhaltlich falscher Begründung wohl kaum.

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