Wer mit Holz heizen will, kann sich viel Arbeit sparen! Wenn die Auswahl auf einen hoch-effizienten Ofen fällt, spart man für das Besorgen, Lagern und Transportieren von Brennholz Zeit und Geld. Es gibt Beispiele, in denen der Holzbedarf um weit mehr als die Hälfte gesunken ist!
Übliche Kaminöfen haben oft einen Wirkungsgrad von ca. 60 bis 70%. Wenn man nach einem Wirkungsgrad über 90% sucht, findet man fast nur noch elektronisch gesteuerte Zentralheizungen und Pellet-Öfen. Ein Problem bei Pellet-Öfen ist, dass das Material gekauft werden muss im Gegensatz zu Scheitholz. Ausserdem verbraucht die Herstellung der Pellets sehr viel Energie, die in eine ganzheitliche Bilanz des Wirkungsgrades eingerechnet werden müsste.
Wer Lösungen sucht, die zusätzlich unabhängig vom Stromnetz funktionieren und noch angenehme, gesunde, direkte Strahlungswärme in den Wohnraum abgeben, hat die Auswahl zwischen dem Tigchel-Speicherofen aus den Niederlanden und dem Selbstbau eines Rocket Mass Heater (RMH). Da ich beide Öfen genauer untersucht habe, mache ich eine Gegenüberstellung.
Prinzipskizze RMH
Bilder copyright http://richsoil.com/rocket-stove-mass-heater.jsp
Foto Tigchel Ofen:
Prinzipskizze Tigchel Ofen:
Zahlen im Bild:
1: Zuluft
2: vorgewärmte Zuluft kommt seitlich durch Düsen in den Brennraum, darüber: Wirbelkammern
3: nachdem die Flamme ausgebrannt ist fließt die Heißluft seitlich links und rechts nach unten
4: Die zwei Fallzüge kommen unter dem Brennraum wieder zusammen und nach hinten
5: Übergang in das Ofenrohr zum Schornstein auf der Oberseite, hinten, vom Tigchel-Ofen
Wie beim RMH gibt es beim Tigchel eine Pyrolyse-Verbrennung, die sehr sauber brennt
Wie beim RMH gibt es beim Tigchel eine sehr lange vertikale Brennkammer, in der das Feuer Zeit und Raum hat, möglichst vollständig auszubrennen.
Wie beim RMH gibt es beim Tigchel sehr wenig Asche
Wie beim RMH gibt es beim Tigchel geräumige Fallzüge
Wie beim RMH gibt es beim Tigchel viel Speichermasse und lange Zeit Abgabe von Strahlungswärme
Wie beim RMH kann man beim Tigchel sehr gut Äste und Weichholz in scharfem Feuer verbrennen (nur trockenes Material!)
Wie beim RMH ist der Wirkungsgrad beim Tigchel bei 90% (und evtl. mehr)
Unterschiede:
Der RMH muss laufend gefüttert werden. (ca. 500gr. bis 1kg alle 15 bis 30 Minuten)
Der Tigchel wird einmal gefüllt (8-12kg) und ist dann bis zu 14 Stunden heiß
Der RMH hat ein sichtbar offenes Feuerloch, das Licht des Feuers scheint an die Zimmerdecke (schön, aber schwierig mit Genehmigung)
Der Tigchel hat eine Glasscheibe, in der die Flammen ca. 1 Stunde lang zu sehen sind. Das Glutbett liegt vertieft und ist nicht zu sehen.
Der RMH gibt nach ca. 10 Minuten Strahlungswärme ab
Der Tigchel gibt nach ca. 5 Minuten Strahlungswärme durch die Scheibe ab und nach ca. 30 Minuten durch die Seitenwände.
Der RMH hat nur einen Lufteinlass, dort wo die Hölzer eingegeben werden.
Der Tigchel hat viele Luftdüsen im Verbrennungsraum für Nachverbrennung, kombiniert mit Wirbelkammern
Beim RMH kann die Ascheentfernung mühsam sein, besonders aus den Rohren in der Ofenbank
Beim Tigchel ist es sehr einfach (Aschekasten)
Auf dem RMH kann gekocht werden (allerdings wird der oben liegende Boden des Stahlfasses durch die Hitze wellig, Töpfe stehen dort also nicht plan auf).
Auf dem Tigchel kann man nicht kochen, er ist ein reiner Heiz-Ofen.
Der RMH muss massiven festen Untergrund haben, sonst gibt es Risse bei Bewegung des Hauses.
Der Tigchel kann auch auf (stabilen) Holzbalkendecken in höheren Stockwerken und auf Schiffen aufgebaut werden, weil alle Teile der Ofenwand mit Dichtbändern gedichtet sind und bei Bewegung „mitgehen“ (Statik beachten: 4D = 600kg / 10D = 1200kg).
Der RMH muss selbst gebaut werden und kann nicht gekauft werden
Der Tigchel muss gekauft werden und wird als Fertigbausatz geliefert
Der RMH ist immer ein Experiment und muss gegebenfalls mehrfach umgebaut werden.
Der Tigchel ist über Jahrzehnte erprobt und fertig konstruiert.
Der RMH kann in beliebigen Farben gestaltet werden (Lehmbau) und kann kreativ künstlerisch gestaltet werden
Der Tigchel wird in 14 Farben angeboten. Es stehen ein paar Versionen an Ofentüren zur Auswahl.
Der RMH muss nach Fertigstellung trocknen, bevor er befeuert wird (Lehmbau)
Der Tigchel wird trocken zusammengesteckt und ist sofort betriebsbereit
Beim RMH wird das Stahlfass sehr heiß (150°C und mehr). Daran kann man sich leicht verbrennen. Besonders für Kinder ist das gefährlich.
Beim Tigchel besteht keine Verbrennungsgefahr. Die Oberfläche wird zwar auch sehr heiß wegen der intensiven Infrarotstrahlung, aber man hat genügend Zeit, die Hand zurück zu ziehen, bevor Brandblasen entstehen. Für’s gefahrlose Lernen, dass Feuer heiß ist, ist der Tigchel also besser geeignet.
Durch die heiße Oberfläche des Fasses beim RMH verbrennt Staub der Umgebungsluft. Diese wird per Konvenktion nach oben gewirbelt und im Raum verteilt. Dies kann die Atemwege reizen.
Beim Tigchel gibt es keine Staubverbrennung an heißen Stahl-Oberflächen, weil es diese nicht gibt. Es gibt praktisch keine Konvektion sondern nur Strahlung.
Der RMH hat eine lange Ofenbank
Der Tigchel hat als Option eine kleine (70x70cm) Ofenbank
Der RMH hat keine Anfeuerklappe
Der Tigchel hat eine Anfeuerklappe (Bypass zum Schornstein)
Der RMH wird einmal gebaut und bleibt dort „für immer“, oder muss abgerissen werden.
Der Tigchel wird innerhalb 5 Stunden auf- oder auch abgebaut. Der Tigchel-Speicherofen ist umzugsfähig!!
Der RMH braucht keinen Schornstein, weil er den Zug/Druck im Fass produziert. (Allerdings kann es Feuer/Rauchrückschlag geben, wenn Wind auf die Aussenwand geht, wo das Abgasrohr raus geht – deshalb ist beim RMH ein Schornstein auch gut)
Der Tigchel braucht einen Schornstein.
Der RMH kann sehr billig gebaut werden (dann hält er aber womöglich nur ein paar Jahre, wenn zB die Rohre in der Sitzbank durchrosten wegen Kondensat)
Der Tigchel kostet mehrere tausend Euro und hält praktisch unbegrenzt, ist also geeignet, um ihn der nächsten Generation weiter zu geben.
Ein RMH ist als handwerkliche Einzelanfertigung in üblicher Sicht genehmigungspflichtig mit einer Einzelabnahme. Soweit ich gehört habe, muss der Erbauer des RMH gelernter Ofensetzer sein (was wohl nie zutrifft) und der Ofen muss den geltenden Vorschriften entsprechen … das ist unmöglich . In anderen Worten: Einen RMH bekommt man nicht genehmigt. Man baut ihn auf eigenes Risiko, ohne ihn anzumelden (zB in einer Gartenhütte), oder man baut ihn nicht.
Dem Tigchel Ofenbausatz wird eine Konformitätsbescheinigung beigelegt, dass er der niederländischen Norm NEN-EN 15250 entspricht. Diese Norm ist vergleichbar mit der deutschen DIN-15250 (Norm für Speicheröfen). Bereits zum jetzigen Zeitpunkt erfüllen die Tigchel-Speicheröfen durch ihre optimierte Brennwerttechnik alle Emissionsschutzgrenzwerte, die bis 2025
festgelegt sind. Nach dem Aufbau des Tigchel-Ofens übergibt man die Konformitätsbescheinigung dem Schornsteinfeger und bekommt von ihm umgehend die Genehmigung. (Man sollte allerdings vor dem Bestellen des Ofens das Vorhaben mit dem Schornsteinfeger besprechen, damit der Schornstein auch passt etc.).
Hier gibt es weitere Infos zu den Tigchel-Speicheröfen:
Geschichte (englisch) über die Entstehung der Tigchel-Öfen: www.beacon-stoves.co.uk/tile-stoves/just-one-heater
Hersteller: http://tigchelkachels.nl/
Vertrieb Deutschland: http://flammeundfeuer.com/tigchel.htm
Für unser Tagungshaus haben wir uns für zwei Tigchels (den kleinsten 4D mit Ofenbank im Obergeschoss sowie den größten 10D für das Erdgeschoss) entschieden und werden diese Ende Februar 2016 in zwei Seminaren aufbauen:
http://www.waldgartendorf.de/seminare-veranstaltungen.html
Hola Konstantin,
wir haben uns für die Winter in Paraguay einen RMH nachbauen lassen. Als Vorlage hat uns der RMH von http://www.zaugstoves.com/wordpress/ gedient, jedoch das Standard-Modell ohne Glasfenster.
Änderungen die wir haben vornehmen lassen: Anstatt herkömmlicher Isolierung des inneren Kamins, haben wir diese mit Sand ausgefüllt ( ein sehr guter Wärmespeicher wie die Praxiserfahrung gezeigt hat ).
Der Ofen ist transportabel, sieht ordentlich aus, heizt sehr schnell auf und verbraucht nur ca. 25 – 30% des Holzes was mit einem normalen Holzofen gebraucht würde. Wenn der Einlaß aufgefüllt ist kann man ohne weiteres 2 Stunden warten bis zum nächsten nachlegen von Holz.
Was zusätzlich aus meine Sicht für den RMH spricht ( Zaugstove ) ist der Preis. Auf der Webseite gibt es im Moment keine Preise, jedoch wurde das Standard-Modell für 2.200,- Dollar angeboten. Wir haben für unseren Nachbau hier
( Handarbeit, stabiles Material ) 1.100,. Dollar gezahlt.
Ein kleiner Erfahrungsbericht aus Paraguay, wo die Winter auch kalt sein können.
Herzlichen Gruß
Evaristo
das ist toll (ich meine den tigchel). das einzige was ich noch vermisse ist die möglichkeit auf dem ofen zu kochen. weißt du da vielleicht eine alternative?
und : wie schwer ist denn so ein tigchel?
Hallo Ina,
zum Kochen sollte man was separates nehmen. Der Tigchel ist dazu gedacht eine Grundwärme zu bieten, also am besten 24/7, also rund um die Uhr warm. Kochen macht man aber eher maximal 1-2 Stunden am Tag. Wenn das kombiniert wäre, würde an der nicht genutzten Kochstelle laufend zu schnell und zu viel Wärme in den Raum gehen anstatt gespeichert zu sein und langsam angegeben zu werden. Daher geht die Kombi nicht. Ich empfehle zum Kochen einen Gasherd, auch mit Gasflasche (so mach ich es), oder einen Holz befeuerten Küchenherd.
Viele Grüße
Konstantin
Nachtrag: Der Tigchel wiegt je nach Größe zwischen 600 und 1200 kg
Hallo Ina
Zum Kochen und heizen gibt es auch einen sehr guten Ofen von sancal.
http://www.sancal.de/grundofen-von-neue-san%e2%80%a2cal-das-original
Alfred Eisenschink ist ein alter Hase in Sachen Strahlungsheizung und Ofenbau:
http://www.sancal.de/buecher-zum-thema-gesundes-bauen-und-heizen
Viele Grüße von Alexander
Hallo Alexander,
da ich gerne alle Kommentare freischalte, die brauchbare Informationen enthalten, habe ich Deinen Kommentar auch freigeschaltet.
Jedoch mache ich dies NUR um klar zu machen, dass der Sancal in KEINER Weise mit dem Tigchel zu vergleichen ist. Das ist fast so wie Dreirad mit Porsche zu vergleichen. Sorry, wenn das etwas hart klingt, aber ich habe mich vorab mit dem Sancal beschäftigt und würde ihn nie haben und benutzen wollen. Habe echt anderes zu tun als jede Menge Holz machen zu müssen und laufend nachzulegen, und Speichermasse hat der SanCal auch praktisch gar nichts. Der SanCal kann also gar keine gleichmäßige Wärme liefern, und die Abgastemperatur in den Schornstein, … Hier im Blog will ich jetzt keine Debatte, was der Sancal denn doch taugen würde. Er mag ja besser sein als ein Baumarkt-Werkstatt-Ofen. Wer jedoch den SanCal gut findet, hat den Tigchel noch nicht kennengelernt!
Hallo lieber Konstantin,
was würdest Du zum kochen empfehlen? Einen normalen Herd oder einen Holzherd? Oder beides? Und wenn ein Holzherd…hast Du Dich schon damit beschäftigt welcher gut ist?
Liebe Grüße
Claudia
Hallo Claudia,
was ich zum Kochen empfehle hängt von der Situation ab. Im Freien ist beispielsweise ein Holzgas Kocher geeignet. Den gibt es als Version „Merlin“ über http://www.native-power.de und als Version „Burnwise“ bei http://www.flammeundfeuer.com
Zum Kochen im Haus empfehle ich die Kombination Gasherd (zB mit Propangasflasche) für den Sommer und im Winter einen Küchenofen beispielsweise von Greithwald. Diese gibt es auch mit Warmwasserunterstützung für die Zentralheizung.
Viele Grüße
Konstantin