Nachruf für Andreas Clauss und Bill Mollison

Es gibt Tage, da kommt alles auf einmal. Nun, nicht wirklich „alles“, aber doch so viel, dass ich stärker inne halte um das zu spüren, das zu verarbeiten, was gerade als Ausdruck des großen Wandels passiert.

Gestern erfuhr ich, dass mein langjähriger Freund Andreas Clauss am 22. September verstorben ist.

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Ich lernte ihn kennen bei einer Vortragsveranstaltung in Berlin. Es war geplant gewesen, dass Andreas die Hälfte der Zeit redet über physische Ökonomie und ich die zweite Hälfte über die spirituellen Aspekte des Geldes. Nun, Andreas war ein so begeisterter und begeisternder Redner, dass ich während seinem immer länger werdenden Vortrages schon überlegte, ob er mir überhaupt noch etwas zeit übrig lässt… So hatte ich dann die Herausforderung meine Aussagen noch mehr zu konzentrieren, das was zu sagen was noch mehr auf den Punkt zu bringen und das Wesen, die Essenz des Geldes aus geistiger Sicht betrachtet zu vermitteln.

Diese Veranstaltung war der Auftakt für unzählige Begegnungen und Telefonate.

In der Vielzahl seiner Themen hatten wir hauptsächliche Überschneidungsbereiche im Bereich Geld und Autarkie. Andreas sprach gerne über die Probleme des Geld- und Rechtssystems sowie Lösunsgansätze im Bereich physische Ökonomie und ich über kreative Lösungsansätze für jeden (zB. Minuto). Bezüglich autarkem Leben ist mir der Besuch von Andreas in meinem Waldgarten in lebhafter Erinnerung. Nach dem Rundgang fragte er wo denn meine Kartoffeläcker seien. Ich beugte mich zur Seite, rupfte einen Rohrkolbenspross heraus, schälte ihn und ließ ihn kosten. Er war absolut überrascht wie gut das schmeckt und wie sättigend das war.

Zusätzlich begeisterten ihn bei meinem Gartenrundgang die Bienen. Daraufhin wurde Andreas Imker. Bei seinen ersten Schritten mit diesen wunderbaren Tieren habe ich ihm meine Erfahrung gerne weitergegeben.

Später hat Andreas die Anastasia Bücher kennen- und liebengelernt.

Im März schrieb Andreas seinen letzten „Klardenker“ in dem die Hoffung auf Genesung zu spüren ist. Nun hat es doch anders entwickelt und er hat die Seiten der physischen Welt gewechselt und ist jetzt im geistigen Raum unterwegs.

Lieber Andreas, ich danke Dir für die Begegnungen und den Austausch, für Deinen Humor und Deine Lebensfreude!

Ein Interview von 2009:

 

 

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Heute erfuhr ich, dass nur zwei Tage später ein weiterer großer Mann, ein weiterer Pionier für eine lebensfähige Erde, in die ewige Ruhe einkehrte: Bill Mollison, der Begründer der Permakultur, ist am 24. September verstorben.

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Auch wenn ich Bill nie persönlich begegnet bin, so prägen seine Bücher und sein Wirken mich seit über 30 Jahren. Ich erfuhr von Permakultur besonders über Begegnungen mit Rudolf Doernach und Declan Kennedy. Declan stand Bill sehr nahe und hat einen Nachruf für Bill geschrieben:

Ich trauere um mein Freund Bill Mollison.
Einen der bedeutendsten Ansätzen zur Vernetzung ökologischer Maßnahmen – der vom einzelnen Haus oder kleineren Siedlungen bis zur Planung ganzer Regionen reicht – lernten wir – meine Frau Margrit Kennedy und ich – 1981 kennen und brachten ihn bereits ein Jahr später von Australien nach Europa. Dieser Ansatz nennt sich „Permakultur“ (etwa „Dauer-Kultur“, aus der Zusammenfügung der englischen Worte permanent agriculture) und überträgt die Prinzipien geschlossener ökologischer Kreisläufe in der Natur auf die Planung menschlicher Siedlungen. Die Initialzündung dazu kam für uns durch Bill Mollison, den wir 1981, auf Anregung von Rudolf Doernach, nach Berlin eingeladen hatten. Bill Mollison hatte dieses ökologische Konzept in den 70er Jahren zusammen mit David Holmgren in Australien entwickelt, und fand durch seine Vorträge seit den frühen 80er Jahren weltweit immer mehr Anhänger dafür.

Nachdem wir etwa zehn Jahre 1982 – 92 sehr eng mit Bill Mollison zusammengearbeitet hatten, begannen sich unsere Wege zwar in den frühen 90er Jahren zu trennen, aber die Freude war groß, als wir uns Anfang Juni 2005 in der historischen Stadt Montovun in Istrien, bei der 7. Internationalen Permakultur Tagung wieder einmal sehen konnten. Ich hatte zusammen mit einigen anderen Teilnehmern an der Tagung gerade Sepp Holzers Permakultur Projekt in Österreich besucht und war mit ihnen über Ljubljana nach Istrien gekommen. Obwohl ich Bill nun seit fast 24 Jahre kannte und Sepp Holzer nur einen Tag, überraschte mich die Ähnlichkeit und gleichzeitig der Kontrast zwischen diesen beiden Männern. Ähnlich waren sich die „Agrar-Rebellen“ als kreative Praktiker, in ihrem „Gärtnern mit der Natur“, in ihrer scharfsinnigen Ruppigkeit, ihrer Erzählfreude und ihrem Charisma, Männer, die sich innovativ, weitsichtig und praktisch zugleich, solange den Problemen widmeten, die sie sahen, bis sie für ihr jeweiliges Klimagebiet dauerhafte ökologische Lösungen gefunden hatten. Der Kontrast bestand für mich in der Konzentration auf sein Projekt bei Holzer, der gerade 64 Jahre alt war, während Mollison trotz seines hohen Alters mit 78 noch immer dieselbe weltweite Offenheit besaß mit der er sich über die Jahrzehnte, die wir uns kannten, immer wieder auf neue Projekte eingelassen hatte.

Ich möchte mich nun jedoch meiner Freundschaft mit Bill Mollison zuwenden, der mich – besonders am Anfang – ungemein großzügig an seinen Erfahrungen hat teilhaben lassen, einem Mann, der zum Freund und Lehrer wurde, einem unbequemen Visionär, der schon 1982 in Kanada bei einer der größten und erfolgreichsten Permakultur Tagungen in Nordamerika den Leitsatz prägte: „Think globally – Act locally“.

Geboren 1928 in Australien, lebte er von seinem 15. bis 28. Lebensjahr allein im australischen Busch, und arbeitete als Trapper, Holzfäller, Fischer und Bauer – oft zusammen oder in enger nachbarschaftlicher Beziehung zu den Aborigines – den australischen Ureinwohnern. Aus dieser Zeit hatte er eine Fülle von Geschichten, die alle, denen er sie erzählte, begeisterten. Von der Kängeruh-Jagd, in der die Aborigines mit den Tieren Kontakt aufnahmen und ihnen ihre Wertschätzung zukommen ließen, wie auch die Notwendigkeit sie zu erlegen, bis sich ein Tier dem Jäger zu Füssen legte. Oder von der Geschichte mit den schwarzen Schwänen, die Bill beobachtete und die dann zu ihm kamen und sich im Kreis um ihn herumsetzten. Immer waren es Geschichten, die Mensch und Natur im tiefen Kontakt und Einklang mit einander zeigten, etwas, was in unserer westlichen Zivilisation kaum noch existiert.

Nachdem Bill herausfand, dass diese Zivilisation die Gebiete der Aborigines immer mehr zerstörte, begann er – um diese Entwicklung aufzuhalten – 1955 noch einmal zu studieren. Noch während seines Studiums wurde er zum Forscher und Lehrer und begann als Umweltaktivist sich aktiv in die Umweltpolitik seines Landes einzumischen. Er verhinderte Staudamm Projekte , kämpfte für die Ausweisung von Naturschutzreservaten und trat auf der Seite der Aborigines für deren Rechte ein.

Als unverbesserlicher Optimist, wollte er den Garten Eden wiederherstellen – für Alle. Er versuchte darüber hinaus die Grundlagen für ein Konzept zu schaffen, welches nicht nur offen war für neue Informationen, sondern auch das Wissen über nachhaltige, ökologische Techniken aus allen Teilen der Welt integrieren konnte.

Während der Kampagne gegen den Staudamm am Franklin River in Tasmanien in den 70er Jahre – er war damals Dozent an der Universität in Hobart – traf er seinen späteren Mitautor David Holmgren. Beide begannen darüber zu diskutieren, warum die Landwirtschaft der Aborigines die Zeiten überdauert hatte und warum die moderne Landwirtschaft nur eine relativ kurzfristige Mode-Erscheinung sein würde, darüber, was man von den Aborigines lernen könne und wir ihre Konzepte mit neuer Technologie und neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang zu bringen sei. Sie begannen zu experimentieren, zu entwerfen und zu schreiben. Mit Hilfe des japanisch sprechenden Australiers, Andrew Jeeves integrierten sie die Ideen von Masanobu Fukuoka (THE ONE-STRAW REVOLUTION, 1975), sie übernahmen das Keyline Konzept von Ken Yeomans (WATER FOR EVERY FARM,1954) und F. H. Kings Beobachtungen der hochproduktiven landwirtschaftlichen Konzepte Asiens (aus FARMERS OF FORTY CENTURIES – PERMANENT AGRICULTURE IN CHINA, KOREA AND JAPAN, 1911). Daraus erschufen sie das Konzept für eine dauerhafte Land-, Wasser- und Waldwirtschaft, welches sie „Permaculture“ nannten (Permanent Agriculture).

Da Permakultur kein Dogma ist oder feste Grenzen hat sondern eher eine Reihe von Grundprinzipien darstellt, die auf alles anwendbar sind, fand er immer wieder neue und weitere Mitstreiter wie das Architektenpaar Ian und Lecki Ord in Melbourne, der Ingenieur und Landwirt Max Lindegger (Designer von Chrystal Waters, Permaculture Village, Queensland), oder Sonja Wallman (mit ihrem produktiven Anlehngewächshaus in der Nähe von Boston, Massachussetts, USA) und viele andere Menschen in Australien, Europa und Nord-Amerika. Das Permakultur-Entwurfs-System hat er definiert und integrierte mit Teilbereiche und schaffte Querverbindungen zwischen den separaten Wissenschaften und Fachgebieten der klassischen universitären Fachbereiche geschafft.

Inzwischen (2016) haben sich über tausende von unabhängigen Permakultur Vereinigungen – in fast allen Sprachen – über die ganze Welt verbreitet. Jetzt – mehr als 40 Jahre später – dient es Menschen – die sich mit nachhaltiger Landwirtschaft, Wiederaufforstung, Bio-Architektur, Umwelt-Erziehung und regionaler Ökonomie auseinandersetzen und die ein Integrationskonzept suchen. Bills Engagement und Enthusiasmus erweiterte kontinuierlich die fachübergreifende Qualität des Konzepts und machte Permakultur zu einem immer ganzheitlicheren System. Für mich ist die schönste Definition, die von Bill Mollison stammt: „Permakultur ist ein Tanz mit der Natur – in dem die Natur führt.“

Das erste Buch von Bill Mollison und David Holmgren PERMACULTURE ONE (1978) wurde schon bald danach durch Bills PERMACULTURE TWO (1979) ergänzt und beide hatten 1985 jeweils eine Auflage von über 100 000 Exemplaren. Die beiden Bücher sind auf meine Veranlassung in Deutsch, Portugiesisch, Französisch und Italienisch übersetzt worden und dort Anfang bis Mitte der 80er Jahren erschienen. Sie basieren als Handbücher sehr stark auf die Erfahrungen in Tasmanien und sind für andere Klimazonen nur teilweise übertragbar. Spanisch und Französisch Übersetzungen folgten später durch die Zusammenarbeit mit Emilia Hazelip, bald die bekannteste Permakulturlehrerin auf beiden Seiten der Pyennéen.

Die Prinzipien sind jedoch so gut übertragbar und innovativ, dass sie bisweilen etablierte Konzepte der Land- und Forstwirtschaft, der Siedlungswasserwirtschaft, Stadtplanung und Architektur auf den Kopf stellten. Sie bauen auf den Erfahrungen im Entwurf ganzheitlicher Lebensweisen in verschiedenen Kulturen und Ländern auf und nehmen wenig Rücksicht auf moderne Rezepte oder Konventionen. Für uns und viele andere boten sie und er außerdem einen neuen Lebensstil.

Beim ersten Besuch in Deutschland, auf Einladung der Studenten des Fachbereichs Architektur und des British Council – die ich beide dafür gewinnen konnte seine Reise und sein Vortragshonorar zu finanzieren – sollte Bill Anfang Mai 1981 außer in Berlin auch Vorträge in verschiedenen Städten West-Deutschlands, organisiert von Rudolf Dörnach, halten. Durch außergewöhnliche Umstände wurden die restlichen Vorträge (Persching-Stationierung-Proteste Deutschland weit) abgesagt und Bill blieb eine ganze Woche – ja 10 Tage – bei uns in Berlin-Schlachtensee zu Gast. Er erzählte uns jeden Tag von morgens bis abends von seinen Projekten und Vorhaben in Australien. Und da wir beide das Thema „Ökologie“ – ich in der Universität – als Professor für Infrastruktur im Stadtbaubereich – und meine Frau (Margrit) im Rahmen ihrer Arbeit für die Internationale Bauausstellung (IBA) Berlin 1987 – als Hauptaufgabe betrachteten, hörten wir gespannt und aufmerksam zu. Unsere Fragen zeigten Bill, dass wir 1981 in Europa vor ganz ähnlichen Problemen standen. Vom Waldsterben bis zur Klimaveränderung, von der Vergiftung von Nahrungsmitteln bis zur Wasserverschwendung, alles was Australien betraf, war bei uns ebenso zu finden. Am wichtigsten aber war uns, dass wir mit ihm Lösungen diskutieren konnten, die leicht verändert auch bei uns zu funktionieren schienen.

Es war nicht nur lustig sondern auch erschreckend, wenn Bill Fakten und Details zur globalen ökologischen Situation nannte, die wir bis dahin nur sehr bruchstückhaft kannten. Doch seine ungewöhnlichen Lösungswege überzeugten uns beiden. Er begann mit seinen Erklärungen um 9 Uhr morgens und hörte um Mitternacht auf. Wir hatten so etwas wie einen konzentrierten privaten 72-stündigen Permakultur Designer Kurs – mit vielen praktischen Beispielen, Zeichnungen und Grafiken. Die Kosten waren bescheiden: 2 Packungen Zigaretten und eine Flasche irischen Whiskey pro Tag.

Wir begannen im 6 mal 12 Meter großen Garten und im Wald um den Schlachtensee Pflanzen zu beobachten, manchmal auszurupfen und in den Garten zu setzten. Margrit war Vegetarier. Abends mussten wir mit Bill – der passionierter Fleischesser war – in ein Restaurant gehen um für ihn Lamm oder ein Steak zu bestellen. In der „Paris Bar“ in der Kantstraße in Berlin-Charlottenburg, wo er – wie immer – einen deutschen Wein bestellen wollte, und ihm der Kellner leicht indigniert sagte, dass sie nur französischen Wein servieren, bestellte er ein „Hardy Wallbanger“ (Orangensaft mit Wodka). Da musste selbst der Kellner lachen. Solche kulturellen Kontrast-Situationen liebte Bill und hat sie überall irgendwie erzeugt.

Mehrmals sind wir mit ihm nach Kreuzberg in die Sanierungsgebiete der Internationalen Bauausstellung gefahren, wo wir beide mit verschiedenen Gruppen in der Hausbesetzerszene arbeiteten. Obwohl er Städte generell nicht leiden und keinen guten Grund für Ihr Überleben finden konnte, hatte er sofort kreative Lösungen für die Menschen bereit, die eine City-Farm aufbauen oder ihr Gemüse und ihre Kräuter selbst ziehen wollten (1981). Was Energiesparmaßnahmen und Grauwasserrecycling anbelangte, so waren in Kreuzberg einige interessante Modelle auch für ihn zu sehen, und so wurde diese Zeit zum Anfang eines jahrelangen intensiven Austauschs von ökologischem Wissen über Ländergrenzen und Kontinente hinweg.

Anfang der 80er, versuchte Bill ein Art „Permakultur-Bibel“ zu schreiben. Etwa die Hälfte seines DESIGNERS’ MANUALs (1988) ist brillant, besonders die Kapitel über Patterns (Muster) und Design (Entwurf). Es gibt kaum ein anderes Buch welches das „fachübergreifende Entwerfen für das Leben“ so gründlich behandelt. Andere Kapitel im Designers’ Manual lassen in ihrer Wissenschaftlichkeit manches zu wünschen übrig. Erst 2009 wurde es durch Margarete Hölzer und Marlis Ortner in Österreich ins Deutsche übersetzt und verlegt.

Ein weiteres Buch: INTRODUCTION TO PERMACULTURE , welches Bill zusammen mit Reny Slay schrieb und welches von Andrew Jeeves illustriert wurde, ist 1991 erschienen und erklärt Permakultur zum ersten Mal in einer allgemein verständlichen Art und systematischen Betrachtungsweise. Es bietet auch praktische Erfahrungen vieler Permakultur-Aktivisten in Australien und anderen Ländern. Vor allem aber ist es das Ergebnis der Forschungsarbeiten von Bill Mollison und Reny Slay, die in den 90er Jahren mit dem australischen Permakultur-Institut nach New South Wales umgezogen waren, und dort bei ihrer Arbeit von Marilyn Wade kräftig unterstützt wurden. Auch andere zahlreiche Helfer haben dort Experimente mit Pflanzen, Gebäuden und technischer Infrastruktur durchgeführt, während Bill auf Vortrags-Reisen in aller Welt unterwegs war.
Margrit und ich haben mit der Hilfe von vielen anderen Fachleuten, Permakultur Eins und Zwei in der zweiten Auflage editiert. Ein besonders gut gelungener Artikel mit farbigen Bildern ist in der Baseler Zeitung (Nr.40, S 10-15) 1984 erschienen und enthält das, was wir selbst im ökologischen Planen und Bauen entwickelt und das was wir von Bill Mollison und David Holmgren dazu gelernt haben. Wir danken beiden noch immer für ihre Ideen, ihre Ausdauer und ihr Engagement.

Es war Bill und Reny, welche den ersten Europäischen Permakultur Designer Kurs in Jagdschloss Glienicke mit mir as Assistent im Sommer 1982 angeboten hatte. Weil er in Englisch stattfand waren 24 Teilnehmern aus 7 Ländern Europas und 2 Interessenten aus Brazilien dabei. Antja – unsere damals 21 jährige Tochter – hat den Kurs nicht nur mitgemacht sondern abends auch 2- stündige Repetitorien für die deutschen und österreichischen TeilnehmerInnen abgehalten. Es war für sie nicht einfach den australisch/tasmanischen Akzent von Bills Englisch zu verstehen, besonders weil er es die Hälfte der Zeit durch seine Tabakpfeife artikulierte.

Danach haben sich 7 TeilnehmerInnen dieses Kurses ein dreiviertel Jahr lang jeden Samstag getroffen und an den Entwurfskonzepten gearbeitet, sodass wir gemeinsam in Wetzhausen bei Schweinfurth den ersten in Deutsch abgehaltenen 2-wöchigen Permakultur Design Kurs (PDC = Permaculture Decign Course) veranstalten könnten.

Danach begann meine neue Karriere als „Mr. Permaculture Europe“ (Ost und West) die ich mit Mollisons’ volle Unterstützung antrat. Außer in Deutschland und Brasilien 1982, habe ich bis 1991 die ersten und/oder zwei Permakultur Entwurfskurse in Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Russland, Schottland, der Schweiz, der Slovakei und Slovenien gelehrt. Diese Kurse wurde jeweils von Gaia Trust (Hildur & Ross Jackson, auch Schüler und Freude von Bill) in Dänemark unterstützt.

1993 konnten die Bücher von Bill Mollison über FERMENTE und 1996 ein weiteres mit dem Titel TRAVEL IN DREAMS die Erfolge der ersten Bücher nicht wiederholen. Aber die internationale Permakultur Bewegung ist inzwischen ständig gewachsen – ausgehend von den ersten Büchern und einem von vielen Mitautor/innen überarbeiteten zwei bis dreiwöchigen Designers Kurs. In Europa ist die Übertragung des Konzepts auf nördliche Klimazonen voll im Gange. Sie traf – zum Teil – auf scharfe Kritik von Wissenschaft und Praxis wegen ihrer ungewöhnlichen Thesen und Methoden.

Ich habe soviel von Bill Mollison gelernt and waren so begeistert von der Permakultur-Vision, dass ich – ebenso wie viele andere, die in die 80er und frühen 90er Jahren mit dieser Vision in Kontakt gekommen waren – ein eigenes Permakultur-Projekt verwirklichen wollte. Deshalb haben wir unser Zuhause in Berlin und unsere beiden Stellen aufgegeben, ich meine Professur an der TU Berlin und Margrit ihre Stelle bei der Internationalen Bauausstellung, und haben uns ab1985 am Aufbau einer ökologischen Gemeinschaft in Niedersachsen beteiligt – dem Lebensgarten Steyerberg. Wir haben in dort in einer Siedlung die 1939 erbaut worden ist zwei Häuser renoviert und auf 2.6 ha Land in der Nähe und eine ganze Reihe von Permakultur-Experimenten durchgeführt. Zeitweilig leitete ich das Permakultur Institut für Europa im Lebensgarten. Bill Mollison war so begistert von den Lebensgarten Ansätze dass er jeder Jahr mindestens einal in Steyerberg vorbei gekommen ist – und das über 11 Jahre – und immer neue Impulse mitbrachte. Insgesamt hat das Denken in Permakultur-Kategorien inzwischen weite Kreise gezogen und ich bin froh und dankbar dafür, dass ich relativ früh 1981 mit diesem Konzept und Bill Mollison in Berührung gekommen bin, und dass ich die Chance hatte, es mit zu verbreiten und für unsere Klimazonen zu erproben.

Während sich die Arbeit meiner Frau Margrit seit den späten 80er Jahren mehr und mehr auf die Einführung nachhaltiger Geldsysteme verlagert hat, und sie mit ihrem Buch „Geld ohne Zinsen und Inflation“ inzwischen zu einer Galeonsfigur der Geldreformbewegung geworden ist, war diese Arbeit sowohl für sie wie auch für Mollison und mich immer auch ein Teil unserer Umsetzung des Permakultur-Konzepts. Denn wie soll eine dauerhafte Kultur entstehen, wenn es kein dauerhaftes Geldsystem gibt? Gerade die letzten Monate mit dem Crash auf den internationalen Finanzmärkten und in der Weltwirtschaft – der jetzt selbst die dringendsten ökologischen Probleme überschattet – zeigt, wie stark Ökonomie und Ökologie miteinander verwoben sind. In der Permakultur „Bibel“, hat Bill auch ein Kapitel über das Geldsystem eingebaut, welches zum großen Teil auf Margrits Arbeit aufbaut.

Noch immer rauchte und trank er zu viel und wurde schließlich so krank, dass er ein paar Mal auf seinen Reisen zusammen gebrochen ist – und trotzdem ist er 88 Jahre alt geworden. Es setzte ihm immer mehr zu, dass er mit ansehen musste, wie die ökologische Situation weltweit schlechter und schlechter wurde, und trotz der ständig wachsenden Permakultur-Bewegung an diesem generellen Trend nichts zu ändern war. Bill wurde eine zeitlang depressiv, was er sich selbst ignorierte. Er fühlte sich von vielen Verbündeten verlassen in den letzten 110 Jahren, weil sie kompromissbereiter waren als er. Inzwischen hatte er sich aber erholt, und seine scharfe kritische Haltung, die manchmal in Zynismus umzuschlagen droht, wieder gefunden. Zwischendurch konnte man ihn wieder in seiner ursprünglichen Lebensfreude erleben. In Istrien in Juni 2005 kam er zu Anfang mit seinen sarkastischen Witzen bei den jüngeren Leuten in der Permakultur-Bewegung, die ihn noch nicht kannten, nicht besonders gut an – aber mit sein vielen Geschichten, Witzzen und lebendigen Diskussionsbeiträgen fand er bald seinen ihm gebührenden Platz als Mit-Gründer, Verbreiter und Großvater der Permakultur – dafür wurde er dann mehrere Tage von allen Anwesenden gefeiert. Er wird uns Allen bitter fehlen.

Steyerberg, 25.09.2016

 

Vielleicht treffen sich Andreas und Bill und träumen gemeinsam von einer gesunden, aufblühenden Erde mit glücklichen Menschen. Dann werden sie sicher Wege finden diesen großen Wandel zu unterstützen. Sie haben sie Wahl: Impulse senden aus der Traumwelt zu den Herzen der Menschen oder in dem sie wieder neu geboren werden, oder noch ganz anders …

1 Gedanke zu „Nachruf für Andreas Clauss und Bill Mollison“

  1. Danke Konstantin , für diesen Nachruf! Das war sehr informativ bezüglich der Permakultur. Über Andreas`Übergang bin Ich allerdings schockiert!

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