Corona: leere Notaufnahmen?

 

Frage: Ich habe Bilder und Videos von leeren Notaufnahmen gesehen – weniger statt mehr Patienten?

Ja, derzeit eher weniger denn mehr Patienten in Zeiten der viralen Pandemie. Das ist auch logisch. 

Die Idiotie dieses Argumentes ist ungefähr so: ‚als die Wehrmacht Polen angriff, habe ich weniger Zugreisende als sonst gesehen‘. Ja und? Bei einer Mobilmachung haben militärische Transporte Vorrang.

Und bei einem erwarteten Ansturm von beatmungspflichtigen, oft multimorbiden Patienten, bei erwarteter baldiger Überbelegung von Intensivstationen muss man möglichst viel Platz schaffen, und das rechtzeitig.

Die Logik ist nun wirklich einfach:

  1. Man weiss, dass es sich bei der derzeitigen SARS‑2-Pandemie um ein mehrfach tödlicheres Geschehen als bei den jährlich wiederkehrenden Grippewellen (Frage 9) handelt.
  2. Man weiss, dass dabei binnen kurzem die Intensivstationen überfüllt sein würden und dass die Beatmungsgeräte knapp werden, anders als bei selbst den schlimmsten saisonalen Grippepandemien seit 1921.
  3. Man weiss aber nichtwie schnell dies bei der Ausbreitung eines solchen neuen Virus genau passieren wird, da das von verschiedensten Faktoren abhängt: mutiert das Virus und wenn, wird es dabei tödlicher und / oder infek­tiöser oder schwächt es sich ab und inwieweit helfen verschiedene Mass­nahmen (3.1) oder inwieweit spielt die Mentalität der Menschen an unter­schiedlichen Orten eine entscheidende Rolle?

Man weiss aber eines: wehe, wenn dann zum entscheidenden Zeitpunkt die Kranken­ausbetten nur deshalb knapp werden, weil man in diese Krankenhäuser Menschen hineingebeten hat, die gar nicht akut behandlungsbedürftig sind, wie gross dann das Geschrei gerade derer sein wird, die hinter allem eine Verschwörung statt die übliche Inkompetenz vermuten.

Was haben daher die Gesundheitsbehörden ‑weltweit, vielleicht mit Ausnahme Weiss­russlands, dessen Präsident auf Lebenszeit sich mehr auf die alkoholischen Desinfek­tions­mittel zu verlassen scheint‑ dann verordnet?

Sie haben gesagt: Schaut, dass Ihr die bisherigen Patienten, die nicht lebens­gefährlich bedroht sind, bald loswerdet, schaut, dass Ihr um Himmels willen keine mehr neu auf­nehmt, die noch warten könnten, ohne dass ihr Zustand sich dabei in unverant­wort­licher Weise verschlimmert oder sie in Lebensgefahr geraten, und schaut, dass Ihr jedes dadurch freiwerdende Zimmer, jeden freiwerdenden Operationsaal soweit es geht für Intensivbetreuung herrichtet und … schaut, dass Ihr Euch einarbeitet, fortbildet hinsichtlich Virologie, Infektiologie, Intensiv- und Notfallmedizin und künstlicher Beatmung.

Denn viele Ärzte und auch medizinische Hilfskräfte haben vielleicht das letzte Mal in Studium oder Ausbildung sich mit Intensivmedizin befasst, vor Jahrzehnten, Speziali­sten für invasive (6.1.1.3) Beatmung sind ohnehin schon immer knapp und auch mit Probe­nahme und Tests auf Viren kennen sich viele nicht aus, das ist schliesslich, ausser in der Tropenmedizin, eher ein seltenes Geschäft in vielen Krankenhaus­ab­teil­ungen. So kommt es auch immer wieder vor, dass virus-infizierte Patienten dennoch ‚negativ‘ getestet werden, weil derjenige, der den Abstrich nimmt, nicht genügend geübt darin ist, an der hinteren Rachenwand (Brechreiz!) so viel Druck auszuüben, dass tatsächlich auch ausreichend virenbehaftetes Material auf dem Wattestäbchen landet. Das medi­zinische Labor kann im PCR-Test aber nachher nicht entscheiden, ob der zu geringe Virentiter daran liegt, dass der Patient im Rachenraum keine Viren (mehr) aufweist, oder der Abstrich einfach unfachmännisch vorgenommen wurde, wäh­rend gerade dieser fälschlich für harmlos erachtete Patient nun zur grössten Viren­schleuder wird.

So, nun

  1. liegen also in vielen Krankenhäusern derzeit noch weniger Patienten als je zuvor in den letzten Jahrzehnten (pro verfügbarem Bett gerechnet),
  2. es werden keine mehr neu aufgenommen, es sei denn es handelt sich wirklich um sofort behandlungsbedürftige Notfälle, entsprechend leeren sich auch bis gestern noch belegte Betten weiter,
  3. auch die noch stationär liegenden Patienten dürfen keinen Besuch mehr erhalten, und
  4. niemand darf einfach so in die Notaufnahme hereinspazieren, weil er oder sie sich krank fühlt, sondern hat tunlichst zuerst einen niedergelassenen Arzt auf­zusuchen, der dann über eine Einweisung entscheidet. Auch dieser wiederum ist gehalten, gegen eine Einweisung zu plädieren, wenn nicht ein vorbeschrie­bener ernster und bedrohlicher Fall vorliegt.

Warum sollte dann in der Eingangshalle überhaupt noch eine Rezeptionistin sitzen, wenn niemand mehr ‚einfach so‘ vorsprechen darf? Nein, auch die sitzt jetzt entweder zuhause oder bildet sich fort oder hilft hinter den (von aussen nicht einsehbaren) Kulissen mit, die Pandemie zu bewältigen, Leben zu schützen oder zu retten. Also (2020-04-09): Noch gibt es freie Intensivbetten …

War das schwer?

Es ist absolut unmöglich, ‚von aussen‘ derzeit überhaupt etwas über die Auslastung der für allgemeinen Verkehr gesperrten Krankenhäuser auszusagen.

‚Bürgerjournalismus‘ karikiert sich hier wieder mal selbst und befördert die absurdesten Verschwörungsideen, etwa, dass ausgerechnet aufgrund Corona die Menschheit ge­sünder und weni­ger pflegebedürftig werde, oder ähnliche Idiotien.

Auch die Reha­kliniken leeren sich natürlich teilweise, weil die typischen Fälle / Über­weisungen aus den Kranken­häusern fehlen. Dafür werden bestimmte stationäre Fälle aus Kranken­häusern, wenn man sie partout nicht zu entlassen wagen darf, in Reha­kliniken verlegt. Es findet also zusätzlich ein Patiententourismus statt. Und viele Reha­klini­ken bereiten sich derzeit sehr aktiv darauf vor, Patienten nach der klinischen Intensivpflege weiterzubetreuen, um dort schnellstmöglich Betten freizumachen.

Hinzu kommt, dass manches Klinikpersonal zwangsweise zuhause bleibt, weil deren Kinderbetreuung weggefallen ist.

Kurz und gut: das äussere Bild der Kliniken ausserhalb der ‚hotspots‘ wie Bergamo, Heinsberg usw. entspricht genau dem, was man erwarten muss, wenn eine Kata­strophe mit Ansage bevorsteht. Dabei muss man auch frühzeitig Patienten abweisen, denn bei z.B. jeder auch einfachen Operation, z.B. wenn jemand nach einem Jahr ein Nagel aus dem Knochen entfernt werden soll, kann es zu Komplikationen kommen und plötzlich benötigt dieser Patient unerwartet drei Wochen stationäre Nachbetreuung, den man im optimalen Fall nach ein, zwei Tagen nach Hause entlassen hätte. Er fällt also dann u.U. genau in den kritischen Zeitraum einer ‚Bugwelle‘ der SARS-Pandemie!

Natürlich muss es daher in den Wochen (!) ‚vor dem Sturm zu einer ‚verdächtigen‘ Unter­be­leg­ung kommen, denn niemand kann exakt den Zeitpunkt vorhersagen, das die Pandemie die Kapazität an genau diesem Ort ausge‑ oder gar überlastet hätte. Für Verschwör­ungs­theorien ist da wahrlich kein Raum.

 

Dies ist ein Auszug aus dem Buch

Das Corona-Virus SARS-CoV-2 und die Atemwegserkrankung CoVid-19:

Bedeutung, Auswirkungen, Vorsorgemöglichkeiten, Verhalten und Zukunftsaussichten

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