Corona: Wird es eine zweite Welle geben?

 

Frage: Wird es eine zweite Welle der SARS-2-Pandemie geben?

Hundertprozentig kann diese Frage niemand beatworten. Frühestens, wenn die Fall­zahlen wieder ansteigen bzw. einzelne Krankenhäuser wieder beginnen, an die Kapa­zi­tätsgrenzen ihrer Intensivstationen zu stossen, und entscheiden müssen, wen sie künst­lich beatmen (und vielleicht dadurch retten könnten) und wen sie statt­dessen sterben lassen müssen (‚altersgerecht‘ [Frage 10 Aber: die Sterberaten der CoViD-19-Toten sind doch ‚altersgerecht‘?], selbstverständlich – auch wenn es den Betroffenen und deren Angehörigen und Freunden wenig gerecht vorkommen mag, einen lieb­ge­wonnenen Menschen zwei Jahre vor seinem natürlichen Ablaufdatum ‚zu ent­sorgen‘ – aber manch einer sieht das anders, vielleicht, weil er eine Erbtante hat), frühestens dann wissen wir es wieder mal ganz genau (die, die Zahlen lesen können, jedenfalls) und die, die wieder auf die noch nicht sichtbare Übersterblichkeit pochen, werden u.U. überrascht feststellen, dass man diesmal früher als bei der ersten Welle tatsächlich nicht nur auf Todesanzeigen angewiesen ist von Menschen, die sicher nur an der Luft­verschmutzung im idyllischen Tessin verstorben sind.

Denn was die meisten (noch) nicht verstehen, ist, dass wir es nicht mit einer Grippe-Pandemie zu tun haben, sondern mit einem derart neuen Erreger, ob erst aus dem Labor oder direkt von einem Tier auf Menschen erstmals übergesprungen, tut dabei nichts zur Sache – Fledermäuse sind übrigens viel bessere Virenlabore, als (un)­mensch­liche Betonbauten je sein könnten, dass niemand dagegen Antikörper besass. Eine ‚normale‘ Grippe als Atemwegserkrankung hat (in 99% der Fälle, s.u.) drei Eigenschaften, die sie von einem bisher unbekannten Atemwegs-Erkrankungs-Erreger unterscheidet:

  1. Es gibt in aller Regel eine verbreitete sog. Hintergrundimmunität (wie sie derzeit auch beim neuen SARS‑Corona-Virus‑2 bei Einzelnen ansatzweise vermutet wird, aufgrund bestimmter Unregelmässigkeiten in dessen Ausbereitungs­ge­sche­hen), d.h. durch frühere Infektion mit einem ‚zum Verwechseln ähnlichen‘ verwandten Grippe-Virus be­wältigt das Immunsystem vieler Menschen einen ‚neuen‘ Grippe-Ansturm schneller bzw. die Erkrankung verläuft milder.
  2. Viele Menschen sind (das ist erst seit ein paar Jahrzehnten so) vorab gegen einen solchen Erreger ansatzweise geimpft, d.h. die dadurch geschaffene ‚künst­liche Erkrankung‘ wirkt in etwa ähnlich, wie die vorgeschilderte Hinter­grund­immunität (siehe vorigen Punkt 1)) und die Grippe-Befallenen erkranken entweder gar nicht, oder milder und sie verbreiten das Virus dadurch kaum noch.
  3. Ein Grippe ist mit ihrem ‚milden‘ Verlauf (kaum einer landet deswegen auf einer Intensivstation, nicht in dem Umfang, wie bei der jetzigen noch geringen Ver­breit­ung des SARS-Co‑2-Virus) ‚sozial akzeptiert‘, d.h., man lässt ihr ihren Lauf und bis man ihrer so richtig gewahr wird, ist das Geschehen ohnehin mit verfüg­ba­ren (der Menschheit überhaupt zumutbaren) Massnahmen nicht mehr zu stoppen. Binnen weniger Monate (typisch zwischen September des Vorjahres und März des Jahres, in dem die Grippewelle endet) stellt sich dann eine Her­den­immunität ein, d.h. es sind insgesamt, auf welchem Wege auch immer, soviele Menschen (in der Regel mehr als zwei Drittel der Gesamtbevölkerung) infiziert, genesen und fortan immun, dass sie das Virus nicht mehr an Dritte übertragen können. Sowie dieser Fall eintritt, sinkt der Reproduktionsfaktor R0 unter 1, d.h. jeder Infizierte findet ‑durchschnitt­lich‑ weniger als einen weiteren Menschen, dem er das Virus noch weitergeben könnte – damit werden es mit jedem Erkrankten weniger statt mehr neu Er­krank­te, so dass sogar ca. ein Drittel der Bevölkerung gänzlich unbehelligt bleibt, weil sich kein virulenter Überträger mehr findet.

Bei der jetzigen Corona-Virus-Pandemie liegen die Dinge jedoch entscheidend anders:

  1. Es gibt, wenn überhaupt, nur eine geringe Hintergrundimmunität.
  2. Niemandes Immunsystem hat vorher jemals mit speziell diesem Virus Bekannt­schaft gemacht und niemand kann geimpft sein, eine natürliche, vor der Krank­heit sicher schützende, Immunität (Frage 2) gibt es also frühestens bei denen, die die Er­krankung, mit schweren Begleit­erscheinungen oder im Einzelfall völlig un­be­merkt und symptomlos, durchgemacht haben (und daran nicht gestorben sind).
  3. Und daher ist potentiell jeder Mensch Opfer und könnte schwer erkranken und weitere Menschen seinerseits in schwere Not bringen oder töten.

Das epidemiologisch etwas tapsige Schweden (vgl. Frage 4 Sind denn nicht schon weit über 10% der Bevölkerung gegen SARS-2 immun?) versucht auf seine Weise, eine schnelle ‚Herdenimmunität‘ herbeizuführen, mit dem Risiko, dass seine Beat­mungs‑ und intensivmedizinischen Kapazitäten nicht ausreichen, weil es hofft, dass da­durch die wirtschaftlichen Schäden kleiner sein mögen, als bei drastischeren Mass­nahmen. Dass all dies nicht nötig gewesen wäre, hatte ich ja im Abschnitt 5.1.2 Mein persönlicher Pandemieplan … erläutert, aber nun ist es halt mal da, das Virus – auf die Situation in Schweden werde ich in einem anderen Abschnitt eingehen. Sie ist jeden­falls bei weitem nicht so ermutigend, wie die behaupten, die nicht vor Ort sind und weder Englisch noch gar schwedisch verstehend lesen können.

Wir haben also im Falle völlig neuer Erreger die Sachlage, dass es keine (nennens­werte) Immunität gibt. Jeder könnte also angesteckt und damit, im Falle CoViD‑19, gesundheitlich schwer gefährdet werden (vgl. Frage 12 Aber an Grippe sterben doch jedes Jahr viel mehr Menschen?!).

Warum gibt es dann aber überhaupt ‚Wellen‘? Müsste sich das Virus dann nicht, unge­hindert schneller, mit Abwehrmassnahmen langsamer, gleichmässig‘ zu jeder Jahres­zeit ausbreiten?

Absolut, so müsste das sein, wären da nicht zwei Faktoren: zum einen halten sich Men­schen in den warmen Jahreszeiten vermehrt draussen auf (und z.T. stärkt das auch ihr Immunsystem, was ich aber für überbewertet halte – siehe Abschnitt 8.1) und zum andern werden Viren durch ultraviolette Strahlung, das Sonnenlicht im Sommer, abgetötet oder inaktiviert und zudem ändern sich die Umgebungsbedigungen auch sonst ungünstig (Wind, auch Auf‑ und Abwinde, führen zur Verdünnung der aus­ge­at­me­ten oder ‑gehusteten Luft u.v.a.m., vgl. auch Abschnitt 3.1.10).

Also: an der Virulenz des Virus ändert sich nichts (von den Mutationen bei RNA-Viren mal ab­ge­sehen, die es aber sowohl schlimmer als auch harmloser machen können), aber an den Gelegenheiten, Menschen zu befallen, die noch nicht immun sind. Bei normalen Grippewellen sind die Menschen schon nach der ersten Saison zu über zwei Dritteln immun, und daher kommen zweite Wellen nicht vor.

Bis … auf eine Ausnahme: die Grippe-Pandemie 1918 bis 1920, die im wesentlichen doch in drei Wellen verlief. Dabei war Welle zwei die schlimmste, und das, obwohl die Mensch­heit aus Welle 1 ihre Schlüsse gezogen und sich besser geschützt hatte und obwohl der Erste Weltkrieg im wesentlichen beendet war – allerdings gab es immer noch massive Truppenverlegungen, nunmehr statt zu den Schlachtfeldern hin von den Fronten zurück. Also:

Für Erreger, gegen die so gut wie niemand immun ist, ist eine zweite und oft gar eine dritte Welle sogar die Regel!

Wie erkennt man denn überhaupt eine Epidemie oder weltweite Pandemie? Nun, man kann sie ja erst im nachhinein richtig bewerten, denn davor hat man immer nur ‚unzu­reichende‘ Daten – genau das, was manche Schreihälse jetzt zum Anlass nehmen, von ‚Fake-News‘ zu sprechen (vgl. Frage 6 Ich habe Bilder und Videos von leeren Not­auf­nahmen gesehen – weniger statt mehr Patienten? und Frage 3 Aber es ist doch noch gar keine Übersterblichkeit gegenüber Grippejahren nachweisbar?). Diese ersten Daten sehen für ein ungeübtes Auge wenig beeindruckend aus und schon gar nicht gefährlich (wie der Verfasser von Irrsein als Weg am ersten März überheblich lächelnd uns Panikmachern ins Stammbuch schrie[b]: ‚In Deutschland ist doch noch gar nie­mand gestorben‘. Herrlich [blöd – denn Ärzte haben ja wenigstens eine klitze­kleine Vorlesung in Epidemiologie gehört, solche Aussagen sind also grob ungehörig und erfüllen schon fast den Tatbestand der fahrlässigen Tötung]).

Dieser ‚klitzekleine‘ erste ‚Schenkel‘ der Pandemie (roter Pfeil in folgender Abbildung) reicht einem geschulten Experten, um ziemlich genau vorauszuahnen, was sich an­schliessend abspielen wird (Grafik 1), wenn man nichts unternimmt, und was man daher tunlichst tun sollte, um die Ausbreitung beherrschbar zu gestalten (Grafik 2) –ganz verhindern kann man sie bei völlig neuen Erregern, die von Mensch zu Mensch über die Atemluft übertragen werden, nie!

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Abbildung 4: Typische Pandemieverläufe ä gebremst und ungebremst

Da weiss man aber nur, wie eine erste Welle vermutlich aussehen wird. Ob es eine zweite gibt, hängt von den vorgenannten Randbedingungen und vielen anderen Fak­toren ab. Wäre das Virus durch sommerliche Temperaturen und UV-Strahlung gänzlich unbeeindruckt, wäre vermutlich nur eine kleine ‚Delle‘ in der Ausbreitung zwischen dem ersten und dem zweiten Jahr zu erkennen (dadurch, dass Menschen im Sommer sich in jedem Fall weniger oft in geschlossenen Räumen aufhalten), wäre es dagegen stark empfind­lich gegen die sommerlichen Bedingungen, würden sich die Menschen gar in der vor­ei­ligen Sicherheit wiegen, das Virus sei sozusagen ‚ausgerottet‘.

Und in der Tat war das bei Schweine‑ und Vogelgrippen und bei SARS‑1, 2004 ff., so ähnlich zu beobachten, weshalb auch einige denken, es werde wieder so kommen. Bei der Vogelgrippe war es aber anders, da wurden die Menschen wieder und wieder durch Vögel erneut ange­steckt: ein Wildhüter in der Türkei barg zwei tote Vögel, ent-sorgte sie. Danach liess er seine Schutzhandschuhe zuhause herumliegen – seine Kinder spielten damit und starben. Also … es gibt viele Fallgestaltungen und wer jetzt mit dem Brustton der Über­zeugung herausposaunt, es werde keine zweite Welle geben, kann nicht wirklich epidemiologisch und infektiologisch auf dem neuesten Stand sein.

Solche Erst-Ausbrüche folgen immer einem ziemlich gleichen Muster:

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Abbildung 5: Verschiedene typische Erreger-Ausbrüche im zeitlichen Verlauf

Was tätest Du, wenn Du im Nebel vor Dir zwei rot-leuchtende Punkte auf Deiner Fahr­spur siehst? Gas geben oder vorsichtshalber bremsen? Was tut man, wenn man nicht wissen kann, ob es eine zweite SARS‑2-Welle gibt? Im Nebel fährt man vorsichtig, es könnten ja die Rückscheinwerfer eines vorausfahrenden, gar stehenden, Autos sein, und bei neuartigen Atemwegserkrankungen mit bekanntem Übertragungsweg über ebendiese Atemluft, geht man besser davon aus, es werde eine zweite Welle geben, denn alle Menschen atmen (sich gegenseitig an) und sind noch nicht immun, irgendwie taucht also immer wieder überraschend ein (noch) symptomloser Überträger / Aus­schei­der auf – sonst wäre doch die Tuberkulose auch schon längst ausgerottet!

Also, man befleissigt sich entweder einer angemessenen (!) Vorsicht, oder man trägt die Kon­sequenzen:

(Die vorigen Grafiken entstammen dem Video „Mathematical modelling of infectious diseases during outbreaks“ von Dr. Bootan M. Rahman, Mathematics Unit, School of Science and Engineering, University of Kurdistan Hewlêr (UKH), Erbil, Kurdistan Region, Iraq.)

Während sich Corona‑ und Grippeviren biochemisch deutlich unterscheiden, spielen diese Unterschiede für die Frage, ob es eine zweite Welle geben könnte, oder nicht, nur eine untergeordnete Rolle, so wenig die Hautfarbe eines Attentäters für das Ergebnis desselben eine Rolle spielt.

Wenn überhaupt, so spricht derzeit sogar vieles dafür, dass den SARS‑2-Viren höhere Temperaturen und Sonnenstrahlen weniger aus­ma­chen, als den bekannten Arten von Grippeviren, was nichts anderes heisst, als dass sich die Corona-Viren stetiger aus­breiten könnten, als die gewohnten Arten von Grip­pe-Viren – auch das wissen wir erst zu Anfang des Winters 2020/2021 mit einiger Gewissheit. Auch das also eher Grund zur Besorgnis.

Schauen wir uns nun die einzige Grippe-Pandemie an, die den SARS‑1‑ (2004) und SARS‑2-Pandemien (2019, 2020, 202?) und MERS vergleichbar war: die ‚Spanische Grippe‘ mit ihren drei Wellen 1918 ff.:

Abbildung 6: Die drei Wellen der Grippe-Pandemie 1918-1920

(Aus Video: „Could the coronavirus pandemic have a deadly second wave like the Spanish flu?“ von Global News, 30.05.2020, bei 00:47 Sekunden)

Zu dieser Grafik sollte man aber wissen: die erste Welle 1918 forderte vermutlich bereits mehr Opfer, als oben dargestellt, die aber entweder nicht richtig diagnostiziert, oder aber bei richtiger Diagnose geheimgehalten wurden, denn man wollte dem mili­täri­schen Gegner keine Anhaltspunkte über die Stärken und Schwächen der eigenen Truppen liefern; darum heisst die Grippe auch völlig unpassend die ‚Spani­sche‘, da Spanien als einziges nicht am Ersten Weltkrieg (wie auch unter Franco wieder nicht am Zweiten) beteiligtes Land freimütig über seine Opferzahlen berichtete, d.h. die damali­gen Zeitungen bekamen einzig aus Spanien dramatische Meldungen, die zudem nicht der Geheimhaltung unterlagen. Im Zweiten Weltkrieg z.B. waren private Todes­an­zeigen von Bombenopfern bei der Luft-Schlacht um London und später bei den Bom­ben­nächten in Deutschland vom Militär verboten, weil allein die Adressen schon dem Feind gezeigt hätten, wo und wie gut er mit seinen Bomben getroffen hatte. Aus­ge­rechnet Spanien hatte in Ermangelung von starken Truppenbewegungen und wegen seines Klimas eher weniger Grippe-Opfer 1918 zu beklagen, als alle am Krieg betei­ligten Staaten mit ihrer noch dazu durch schlechte Ernährung und Überarbeitung geschwächten Bevölkerung.

Warum nun tendiert eine zweite Welle dazu, mehr Opfer zu fordern (als die erste)?

Weil die ersten Opfer aus sog. ‚Clustern‘ oder ‚Hot-Spots‘ stammen, angefangen mit der Millionenstadt Wuhan, die dennoch gemessen an der Grösse und Bevölker­ungs­zahl Chinas nur einen geringen Anteil an der Gesamtbevölkerung dort hatte, über den Fall bei Webasto/München, dessen Infektionsketten noch vollständig zurückverfolgt werden konnten, über Bergamo/Italien, Madrid/Spanien, Tessin/Schweiz und Heins­berg bzw. Gemeinde Gangelt/Deutschland u.v.a. Auch das extrem betroffene New York ist verglichen mit den gesamten USA noch ‚winzig‘, d.h. wir reden von weniger als ca. zehn Prozent der US-Bevölkerung. Vgl. „Why a second wave of coronavirus could be even worse than the first“ (02.05.2020 – The Telegraph).

Bei der zweiten Welle dagegen geht die Krankheit ‚in die Fläche‘, d.h. es gibt weniger Zentren mit gegenüber anderen Regionen sehr hohen Fallzahlen, sondern die Fall­zahlen verteilen sich gleichmässiger über weite Gebiete. Ob die Fallzahlen insgesamt dabei höher sind als beim ersten Mal, liegt dann im wesentlichen daran, ob man aus­reichende Schutzmassnahmen trifft, d.h. aus der ersten Welle gelernt hat. Tendenziell jedenfalls erreicht eine zweite Welle mehr Menschen innerhalb einer Region, als die erste und bei gleichen Sterblichkeitsraten gibt es daher auch zwangsweise mehr (Todes‑) Opfer. Und die dritte Welle tendiert dazu, noch mehr Menschen zu tangie­ren, nur sind von denen schon ein gegenüber früher vergleichbar grosser Teil immun, so dass die Ausbreitung dadurch bei gleicher Gefährlichkeit für noch ungeschützte lang­samer voranschreitet und dann bei der berühmten Herdimmunität von ca. 70% der Bevölkerung abebbt. Danach kann es sein, dass das Virus für z.B. vierzehn Tage keinen einzigen noch nicht immunen Menschen ‚findet‘ und danach gilt es dann als ausgestorben, es sei denn, es springt erneut von einem Reservoir über, bei dem es sich (evtl. schon seit Jahrtausenden) ‚bereit‘ hält, ohne das Wirtstier nennenswert zu beeinträchtigen – Fledermäuse etwa.

Dann käme es erneut zu Ausbrüchen, die nun aber aus Gründen ebendieser Herden­immunität lokal beschränkt blieben, es sei denn, es mutiert ähnlich den Grippeviren so ‚geschickt‘, dass es weiterhin hochinfektiös bleibt, aber auch gegen seine früheren Versionen Immune nun wieder erkranken, diese das Virus vermehren und weiter­tragen, und so bis ‚in alle Ewigkeit‘ – so ähnlich darf man sich das bei den darum jährlich auftretenden Grippewellen vorstellen.

Derzeit jedenfalls gibt es schon seit spätestens April 2020 lokale Entwicklungen, die für zweite Wellen sprechen: „Coronavirus: Hong Kong braces for ’scary‘ second wave | DW News“ (22.03.2020), „A second wave of COVID-19 hits parts of Asia“ (17.04.2020), „COVID-19: Hokkaido reimposes state of emergency“ (13.04.2020), „A Second Wave of Covid-19 Infections Is Expected: Johns Hopkins’ Farley“ (23.04.2020), „Japanese island’s second wave warning: COVID-19 cases jump as lockdown lifted | 60 Minutes Australia“ (11.05.2020), „What will the coronavirus second wave look like? | COVID-19 Special“ (13.05.2020) und schliesslich aktuell: „Beijing in lockdown as China confronts second coronavirus wave“ (16.06.2020 – die haben wohl noch nichts von den famosen Schweden gehört, vgl. „Frage 9Hat nicht Schweden den besseren Weg gewählt, indem es auf den ‚Lockdown‘ verzichtet?“)

Gerade weil die Schutzmassnahmen seit ungefähr März 2020 gewirkt haben (d.h. die Ausbreitung hat sich verlangsamt, je nach Gebiet und Land ist sie sogar z.T. rück­läufig), gerade deshalb wiegen sich nun viele in einer trügerischen Sicherheit – ganz, wie 1919, als man dachte, ‚das Schlimmste sei überstanden‘. Das ist es mit Sicherheit nicht, wie es sich für einen direkt übertragbaren Erreger gehört, der sich ungebremst mit R0~4,5 auszubreiten anschickt.

Anders als bei SARS‑1 im Jahre 2004, als man z.B. recht früh an Flughäfen Tempera­tur­messungen vornahm, und das daher durch Umsicht und auch etwas Glück ‚von alleine‘ wieder verschwand, ist SARS‑2 schon soweit verbreitet, dass es durch inter­nationale Reisetätigkeit jederzeit auch in Regio­nen wieder eingeschleppt werden dürfte, die sich gerade beginnen, zugute­zuhalten, dass ‚das schlimmste überstanden‘ sei. Und solange solche ‚Ping-Pong-Infektionen‘ stattfinden und noch nicht genügend Menschen immun sind, spricht eben mehr für eine zweite und evtl. dritte Welle, als dagegen.

Leider wähnen (ja, es ist ein schlichter Wahn!) sich nun auch einige im Recht und meinen ‚sie hätten es ja gleich gewusst‘, dass ‚Corona‘ ja nur eine Panikmache und ein vorgeschobener, gar erfundener, Grund sei, Freiheiten einzuschränken und anderes. Ein Grund schon, aber ganz sicher kein vorgeschobener. Und wäre man meinen Vor­schlägen (5.1.2) gefolgt, so wären die meisten Einschränkungen nicht erforderlich gewesen, und insbesondere die wirtschaftlichen Grossschäden nie eingetreten.

Dass die Weltwirtschaft aus anderen Gründen für einen Rücksetzer ‚reif‘ war, steht dagegen auf einem anderen Blatt und hat letztlich auch zum jetzigen Abschwung geführt, der ansonsten lediglich zögerlicher und später eingesetzt hätte, ich hätte ihn eher für 2022 erwartet.

Wenn man aber nun sorglos wird und das Virus zum nächsten Schlag ausholt, dann werden die Spätfolgen umso gravierender sein. Und diese Folgen machen vor den Verharmlosern und Leugnern ebensowenig halt, wie vor denen, die, wie ich und viele andere, früh gewarnt haben. Also mich träfen solche Folgen noch am ungerechtesten, während diejenigen, die sinnvolle Massnahmen behindern, immerhin nur ernten, was sie gesät haben.

Je nachdem, welche ‚Experten‘ man befragt, kommt man zu sich widersprechenden Aussagen. Schaut man allerdings näher hin, stellt man verwundert fest, dass diejeni­gen, die im Brustton der Überzeugung sagen ‚eine zweite Welle wird es nicht geben‘, eher jene sind, die sich dabei auf die jährlich zu beobachtenden, abebbenden und ‚nie mehr‘ wie­der­kehrenden Grippewellen (vgl. Frage 12) beziehen. Wenn aber ein Grippevirus so anders ist (als vorangegangene), dass es auf eine komplett unvor­be­reitete Bevölkerung trifft (wie 1918), dann gilt das eben auch bei Grippe(n) nie. Diese ‚Experten‘ vergleichen also Äpfel mit Birnen.

Wenn schon ein Ver­gleich mit der Grippe, dann mit einer vergleichbaren. Und seit Menschengedenken gab es (zum Glück) davon bisher nur eine: die von 1918 bis 1920. Sie verlief in drei Wellen und ihre zweite Welle forderte die meisten Opfer. Warum sollte es diesmal anders sein?

 

Dies ist ein Auszug aus dem Buch

Das Corona-Virus SARS-CoV-2 und die Atemwegserkrankung CoVid-19:

Bedeutung, Auswirkungen, Vorsorgemöglichkeiten, Verhalten und Zukunftsaussichten

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