Offen für Vielfalt!?

Diese Tage hatte ich ein sehr angenehmes Telefonat. Inhaltlich ging es unter anderem darum, wie ich mich klar positionieren kann bezüglich diverser Diskreditierungen und Diffamierungen, die gegen mich in die Welt gesetzt wurden.

Insbesondere geschah dies durch negative Presse gegen die Anastasia-Bücher und deren Leser. Ich schrieb hier im Blog schon mehrfach darüber. Und weil ich den Anastasia-Index geschrieben habe und darüber hinaus noch über 10 Stunden lang alle Anastasia-Bücher im TV vorgestellt habe, blieb ich nicht verschont von Angriffen und Anfeindungen.

Nun, in dem angenehmen Telefonat hörte ich von einer Initiative aus Kassel, die etwas anbieten würde um klar Stellung zu beziehen. Dies interessierte mich, denn ich bin nun schon länger interessiert, beispielsweise beim Impressum einer Webseite eine prägnante Stellungnahme einzufügen, die so beschaffen ist, daß der Anfeindungs- und Diskreditierungsirrsinn aufhört.

Die mir angeratene Initiative existiert seit Ende 2019 und hat den Namen „Offen für Vielfalt“. Dies fand ich spontan ansprechend. Die Initiative hat diese Webseite: https://offenfuervielfalt.de
und hat als zentrale Aktion das Verbreiten von Türschildern für Geschäfte.

Diese Türschilder kann man beispielsweise hinter einer Glastür aufhängen und je nach dem (offen oder geschlossen) drehen, denn die Rückseite ist bedruckt mit der Aufschrift: „Geschlossen gegen Ausgrenzung“.

So sehen die Schilder aus (Vorder- und Rückseite):

Quelle: http://kassel-zeitung.de/cms1/uploads/2019-01-23_Toleranz_Logo_RGB-pbl_990.jpg

Die Beschriftung der Rückseite ließ mich stutzen. Wenn ich mir bildhaft vorstelle, da steht kurz nach Feierabend ein verspäteter Kaufinteressent vor verschlossener Tür und ist durch die geschlossene Tür ausgegrenzt vom Betreten des Ladens. Was macht dann dieser Text mit ihm? Das Schild verkündet, gegen Ausgrenzung zu sein und gleichzeitig ist der Mensch ausgegrenzt. Kann man so ein Schild ernst nehmen? Oder verleitet das gar zum Entglasen der Schaufenster, wie in der Stuttgarter Fußgängerzone (und anderswo) schon geschehen? In diesem Zusammenhang ist auch der Text der Vorderseite „Offen für Vielfalt“ zu hinterfragen. Vermutlich ist das Entglasen von Schaufenster, das Stehlen von Waren nicht gemeint, wenn ein Geschäft diesen Text an die Eingangstüre hängt. Wer aber macht eine Ausgrenzung des Verhaltens ‚Diebstahl und Sachbeschädigung‘ aus der allumfassenden Einladung ‚Offen für Vielfalt‘? Gehört der Dieb auch zur Vielfalt? Wenn nein, warum nicht?

Um mich richtig zu verstehen: Weder fordere ich auf zu stehlen noch Sachen zu beschädigen. Ich mache mir nur Gedanken über die Texte und ob diese wirklich das aussagen, was sie vermutlich aussagen sollen. Das tun sie meiner Wahrnehmung nach nämlich nicht.

Ich schaue ins Impressum der Webseite und finde den Namen: „Verein für Internationale Verständigung e.V.“ mit dem Vorstandsvorsitzenden Mario Mehren, der wiederum auch Vorstandsvorsitzender der Wintershall Dea GmbH (Gas- und Ölförderfirma) ist. Beide Personen, der Verein sowie die GmbH sitzen in der selben Adresse, Friedrich-Ebert-Straße 160, Kassel:
https://www.offenfuervielfalt.de/impressum.html [Archiv-Link von 2020]
https://wintershalldea.com/de/impressum

[Nachtrag von 2024: Aktuell steht im Impressum des Vereins an erster Stelle ein anderer Name: Michael Sasse
Dieser Herr ist langjähriger Unternehmenssprecher und Vorstand der Wintershall Dea Stiftung, also jemand aus dem selben Hause ‚Wintershall‘.]

Im Juni diesen Jahres gab es in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium Kassel eine groß angelegte Plakat- und Anzeigenkampagne „Demokratische Werte sind unsterblich“ um an die Ermordung Walter Lübckes zu erinnern. Zitat von der Webseite:

Verbunden damit: ein Aufruf an Bürgerinnen und Bürger, mitzumachen und mit dem Aushang der Anzeige in Fenstern, Schaufenstern und Büros Flagge für Vielfalt und Toleranz zu zeigen.
https://offenfuervielfalt.de/news.html

Nun, wenn von einer Regierung aufgefordert wird in Fenstern, Schaufenstern und Büros „Flagge zu zeigen“ für egal was, dann erinnere ich mich umgehend an die Erzählungen meines Großvaters von der Zeit als die Nazis aufforderten in Fenstern und Schaufenstern Hakenkreuze zu platzieren. Vor einem knappen Jahr habe ich in einem Blogeintrag geschrieben, wie mein Großvater sich dem NS-Regime widersetzte:
http://www.konstantin-kirsch.de/2019/09/wie-sich-mein-grossvater-dem-ns-regime-widersetzte.html

Ich mag die jetzige Zeit nicht gleichsetzen mit dem, was damals geschah. Gleichwohl bin ich wachsam, sobald ich ähnliche Methoden erlebe, die seinerzeit für großes Leid gesorgt hatten. Die absichtliche Ermordung Andersdenkender gehört sicher zu solchen Methoden, jedoch auch Propaganda zur Beeinflussung von Massen.

Selbstverständlich gehe ich davon aus, daß das Regierungspräsidium und alle Unterstützer der Initiative „Offen für Vielfalt“ das Ermorden Andersdenkender ausgrenzen aus der Bandbreite der allumfassenden „Vielfalt“. Die gewählten Worte auf den Schildern tun dies allerdings nicht. Für mich sind diese Sprüche daher unbrauchbare Reduzierungen dessen, was eigentlich ausgesagt werden will.

Man kann mir nun Spitzfindigkeit vorwerfen. Ok, damit kann ich leben. Mir liegt es eher, genau auf Worte zu achten, als einem Konformitätsdruck nachzugeben.

Ach ja, wo ich gerade von „Konformitätsdruck“ schreibe: Dies ist typischerweise eine Erscheinungsform von politisch „Linken“. Die gehen nämlich von der Gleichheit der Menschen aus, während politisch „Rechte“ von der Verschiedenheit der Menschen ausgehen. Mein diesbezüglicher Blogeintrag ist aus dem Jahre 2016. Die Forderung von „Offen für Vielfalt“ ist per Definition eindeutig eine politisch rechte Einstellung. Unpassend dazu findet sich auf der Webseite offenfuervielfalt.de ausschließlich das Bemühen „gegen rechts“ aktiv zu werden:

Wie treten wir rechter Hetze und Angriffen auf unsere demokratische Gesellschaft gemeinsam am wirkungsvollsten entgegen?

Das Regierungspräsidium Kassel und die Initiative „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“ erinnern mit der groß angelegten Plakat- und Anzeigenkampagne „Demokratische Werte sind unsterblich“ an die Ermordung Walter Lübckes und an dessen unermüdliches Engagement für eine offene, tolerante Gesellschaft und gegen rechte Gewalt und Hetze.

„Was tun gegen rechte Hetze und Gewalt“.

Sicher ist rechte Hetze und Gewalt untauglich für einen zivilisierten Umgang zwischen Menschen. Das Gleiche gilt jedoch auch bezüglich linker Hetze und Gewalt. Die gab es früher (z.B. RAF) und die gibt es auch heutzutage: Im Bericht des Verfassungsschutzes kann man neben Rechtsextremismus (Seite 46 bis 100 = 54 Seiten) auch sehr viel lesen Linksextremismus (Seite 112 bis 170 = 58 Seiten). Wieso wird nirgends in diesem „Offen für Vielfalt“-Webauftritt von linker Hetze und Gewalt geschrieben? Wieso wird nicht einfach nur neutral geschrieben: „Wie treten wir Hetze entgegen?“ oder: „Was tun gegen Hetze und Gewalt?“

Mein persönlicher Umgang mit „Vielfalt“:

Während meines Studiums des Faches Architektur baute ich mir einen Bauwagen aus, in dem ich viele Jahre lebte. Hier ein Foto, als ich im Jahr 1991 damit in Tübingen stand:

Dieser Wagen hatte ich auf den Namen „Vielfalter“ getauft und in weiß mit blauen Zierlinien gestrichen. Witzigerweise ist das oben genannte Schild „Offen für Vielfalt“ in den selben Grundfarben weiß und blau gehalten. Dieser Wagen hatte eine Vielfalt an Heiztechnik. Beispielsweise einen Holzofen mit Warmwassergewinnung, eine Gasheizung und zwei Solarwarmluftheizungen (die zwei schwarzen senkrechten Flächen). Der Wagen hatte Solarstrom (im Bild oben links zu sehen). Es gab eine Dusche an Bord sowie ein Kompostklo mit Urintrennung und Grauwasserreinigung auf einer im Heck angebauten Veranda (nicht im Bild).

Gewisserweise war dieser Wagen ein Vorläufer des nun in Österreich angebotenen Wohnwagons:
https://wohnwagon.at/dein-zuhause-von-wohnwagon/autarkietechnik/

Seinerzeit in Tübingen lebte ich in Nachbarschaft mit vielen anderen Bauwagenleuten. Später entstand dann daraus ein Wagenplatz, den es auch heutzutage noch gibt: https://www.tuepedia.de/wiki/Wagenburg

Ich hatte seinerzeit den oben abgebildeten 8-Meter Wagen. Zusätzlich noch einen 3-Meter Wagen, eine Anhänger-Pritsche, einen Traktor, und einen PKW. Zusätzlich entsprach mein Verhalten nicht der (linken) Norm: Ich habe nie gekifft, habe mein Essen gekauft statt im Container gesucht und ganz ’schlimm‘: Ich habe mit gelegentlich auftauchenden Polizisten einfach so geredet von Mensch zu Mensch. Das brachte mir damals den Verdacht ein, ein Spitzel der Polizei zu sein und ich wurde ausgegrenzt. Selbstverständlich war ich kein Spitzel der Polizei sondern ganz einfach ein Mensch, der sich ein gutes Leben aufbauen will. Die Ausgrenzung durch die anderen Bauwägler führte seinerzeit zu einem offenen Brief, den ich im Sommer 1991 schrieb und den Nachbarn überreichte. Ich zitiere daraus:

Eine Wagenburg will selbstbestimmt sein.
Eine Wagenburg ist gegen die Vertreibungspolitik und gegen Diskriminierung von Minderheiten
Eine Wagenburg bekommt zu hören: Ihr seid hier nicht vorgesehen; ihr passt nicht in unseren Plan; hier ist kein Platz für Euch, macht was ihr wollt, aber nicht hier; verschwindet, haut ab, wohin ist mir egal.
Eine Wagenburg ist noch viel mehr, aber das soll hier genügen.

Ich will selbstbestimmt leben.
Ich bin gegen die Vertreibungspolitik und gegen Diskriminierung von Minderheiten
Ich bekomme zu hören: Du bist hier nicht vorgesehen; Du passt nicht in unseren Plan; hier ist kein Platz für Dich, mach was Du willst, aber nicht hier; verschwinde, haut ab, wohin ist uns egal.
Ich bin noch viel mehr, aber das soll hier genügen.

Ihr behandelt mich wie eine Wagenburg von einem Staat behandelt wird!

Die Ignoranz und die Intoleranz gegenüber mir als Minderheit unterscheidet sich nur gering.

Ich fand kein Verständnis. Ich passte nicht ins ideologisch sozialistische keiner-darf-mehr-haben-als-der-andere-Gedankenmuster. Anstatt selber etwas zu lernen war die größte Sorge ob ich den Brief der regionalen Zeitung auch hätte zukommen lassen. Nein, hatte ich nicht. Schlussendlich kaufte ich noch ein Wohnmobil um einen neuen Platz zu finden, verkaufte dies später, erwarb zwei Zugmaschinen für den eigenen Umzug und fürs Unterstützen des Umzuges von ein paar Freunden und im Dezember 1991 landete ich schließlich in Osthessen. Einige Zeit später habe ich dann den Vielfalter-Wagen weiter verkauft.

Seit über 30 Jahren beschäftige ich mich mit Permakultur. Dazu gehört eine große biologische Vielfalt inkl. dem Nutzen von sogenannten Neophyten, also nichteinheimischen Pflanzen. In dem von mir angelegten Waldgarten am Triesch habe ich beispielsweise angepflanzt: Baumhasel aus der Türkei, Lebkuchenbaum aus Japan, Indianerbanane aus Nordamerika und vieles mehr. Gleichzeitig ist es günstig die Vielfalt an Baumarten nicht übermäßig groß werden zu lassen, weil man sonst den Überblick verliert und die Produktivität leidet.

Vielleicht werde ich auch nun wieder nicht verstanden, weil ich es ablehne, das „Offen für Vielfalt“ Schild anzubringen. Das hinter der Initiative liegende Bestreben nach Respekt, nach Menschenwürde, Demokratieprinzip und Rechtsstaatlichkeit (genannt: freiheitlich demokratische Grundordnung) kann ich gut wertschätzen, jedoch sind mir die Schilder nicht gut genug. Manche Menschen, insbesondere jene, die mich länger kennen, können mich immer besser verstehen. Der hiesige Bürgermeister sagte mal zu mir und über mich: „Sie sind anstrengend – äh anspruchsvoll.“
Damit trifft er es ziemlich genau. Auch für mich selber ist mein Leben ab und an anstrengend, eben weil ich gewisse Ansprüche habe. Einfach der Herde hinter her zu laufen, zu tun was alle tun, das gibt mir nichts, das ist weder mein Weg noch meine Absicht.

1 Gedanke zu „Offen für Vielfalt!?“

  1. „Nun, wenn von einer Regierung aufgefordert wird in Fenstern, Schaufenstern und Büros „Flagge zu zeigen“ für egal was, dann erinnere ich mich umgehend an die Erzählungen meines Großvaters von der Zeit als die Nazis aufforderten in Fenstern und Schaufenstern Hakenkreuze zu platzieren.“

    Völlig zurecht. Die Schilder sollen natürlich der Markierung dienen: „Dieses Geschäft verschonen! Dessen Inhaber/Leiter ist kein Faschist/Nazi, sondern einer von den Guten.“ Wobei „Faschist/Nazi“ und „die Guten“ natürlich der Denke der Anhänger der ‚linksliberalen‘ Blockparteien entspricht (Damals hätte es gehießen: „(…) ist kein Volksschädling, sondern sich zum Nationalsozialismus bekennender Arier.“, oder vorher in Russland: „(…) ist kein Klassenfeind, sondern Unterstützer der kommunistischen Revolution.“)

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