Anastasia: Die Geschichte der vier Brüder

Vier Brüder kamen zum Grab, um das Andenken ihres Vaters, der vor vielen Jahren gestorben war, zu ehren. Die Brüder wollten in Erfahrung bringen, wo sich ihr Vater befand, im Paradies oder in der Hölle.
[…]
Der Vater antwortete seinen Söhnen: ‚Meine Söhne, eure Seelen werden nach dem Tod des Leibes ins Paradies kommen.‘
[…]
‚Beunruhigt euch nicht, meine Söhne, auch euer jüngster Bruder ist im Paradiesgarten, aber er ist jetzt nicht bei euch, da er gerade mit Gott spricht‘, antwortete der Vater seinen Söhnen.
Wieder vergingen hundert Jahre und die Brüder trafen sich wieder im Paradiesgarten. Und wieder war der jüngste Bruder nicht dabei. Die Brüder riefen ihren Vater, und als dieser erschien, fragten sie ihn: ‚Wieder sind hundert Jahre vergangen und der jüngste Bruder ist nicht zum Treffen mit uns gekommen und niemand hat ihn im paradiesischen Garten gesehen. Sag, Vater, wo ist unser jüngster Bruder?‘
Da antwortete der Vater seinen drei Söhnen: ‚Euer jüngster Bruder unterhält sich mit Gott, daher kann er nicht bei euch sein.‘
Und die drei Brüder baten ihren Vater, ihnen zu zeigen, wo und wie sich ihr jüngster Bruder mit Gott unterhielt. ‚Seht‘, antwortete der Vater den Brüdern. Und die Brüder erblickten die Erde, auf ihr war ein wunderschöner Garten, den ihr jüngster Bruder zu Lebzeiten angelegt hatte. In dem herrlichen irdischen Garten erklärte ihr Bruder, der jünger geworden war, seinem Kind etwas. Seine schöne Frau arbeitete daneben.
[…]
‚Sag, Vater‘, fuhren die Brüder fort, ‚du sagtest uns, dass unser jüngster Bruder mit Gott spricht. Aber wir sehen Gott doch gar nicht neben ihm, in seinem Garten.‘
Da antwortete der Vater seinen drei Söhnen: ‚Meine Söhne, euer jüngster Bruder pflegt Gottes Schöpfung – die Bäume und das Gras, sie sind die materialisierten Gedanken des Schöpfers. Wenn er sie mit Liebe und Bewusstsein berührt, verkehrt euer jüngster Bruder mit Gott.‘

Zitat aus: Band 6, Seite 186

1 Gedanke zu „Anastasia: Die Geschichte der vier Brüder“

  1. Vor vier Jahren begann ich, ein Kleingärtner zu sein. Von Anastasia wusste ich da noch lange nichts und von Gott wollte ich schon lange nichts mehr wissen. Eines Tages versuchte ich, einem Stück Rasen ein neues Beet abzugewinnen. Nach einiger Zeit sah ich aus dem Augenwinkel, wie ein kleiner Vogel auf mich zu gehüpft kam. Er verschwand hinter meinem Eimer und kam nicht mehr hervor. Ich schaute nach. Er schaute mich an. Ich hielt meine Hand hin, er hüpfte darauf. Ich nahm ihn langsam ganz nah an meinen Körper heran, so dass er in meiner Armbeuge an meiner Brust sitzen konnte.
    Lange hockte ich da. Mir fiel auf, dass sein Herz nicht schnell pochte wie ich es sonst bei (gefangenen) Vögeln bemerkte. Als meine Beine unerträglich schmerzten, stand ich vorsichtig auf. Der Vogel blieb bei mir. Ich humpelte durch den Garten, zum Pfirsichbaum, zum Wasserfass, zum alten Erdbeerbeet. Schließlich setzte ich mich. Der Vogel saß weiter in meiner Armbeuge und zwinkerte von Zeit zu Zeit. Ich nahm ein Buch und versuchte zu lesen. Es gelang nicht recht, ich verlor immer wieder den Faden.
    Irgendwann musste ich schließlich mal aufs Klo. Das stellte ich mir mit nur einer Hand recht schwierig vor und wollte daher den Vogel in den Haselstrauch setzen. Er war überraschend unkooperativ und wollte nicht auf den Ast hüpfen. Als ich weiter drängte flatterte er kurz auf und … fiel tot zu Boden.

    Ich wurde sehr traurig. War schockiert. Ich begrub ihn in der Nähe der Stelle, an der er zu mir kam. Dann erst fiel mir wieder ein, warum ich ihn eigentlich absetzten wollte. Später warf ich einige Blumensamen -Kornblume, Mohn, Lein- auf sein Grab. Nichts davon wollte aufkeimem. Doch im folgenden Jahr wuchsen dort Blumen aus den Nachbarsgärten. Ich denke, seine Familie hat sie gesät.

    Ich glaube heute, das war der Moment in dem mich das Schöpferwesen, die Energie, der alles durchfließende Sinn mich mit Liebe berührte und mir zeigte, dass es ihn gibt. Egal, was ich denke. Knie voll Erde, Dreck unter den Fingernägeln, den Rücken krumm – ein Kleingärtner. Am rechten Ort, um jemandem zu helfen, der nicht allein sein möchte.

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