Der Brauch der Trauung als Bündnis zweier Menschen fand gemeinsam mit der gesamten Ortschaft statt und manchmal nahmen mehrere benachbarte oder weiter entfernte Ortschaften daran teil.
Die Begegnung zweier Menschen, die sich in der Zukunft ineinander verlieben würden, ging auf verschiedene Weise vor sich. Es konnten sich junge Bewohner einer Ortschaft ineinander verlieben. Aber meist war es so, dass sich auf einem gemeinsamen Fest der Siedlungen plötzlich die Blicke zweier Menschen trafen und ein Gefühl in ihren Herzen aufflammte.
Er ging zu ihr oder sie zu ihm, das spielte keine Rolle. Vieles konnten die Blicke zweier Menschen einander sagen. Aber auch Worte, die in der Übersetzung in die moderne Sprache ungefähr so klingen:
‘Mit dir, du herrliche Göttin, könnte ich den Raum der Liebe für Jahrhunderte schaffen’, so sagte er seiner Auserwählten.
Und wenn das Herz des Mädchens mit ebensolcher Liebe antwortete, lautete die Antwort: ‘Mein Gott, ich möchte dir zur Seite stehen bei der großen Schöpfung.’
Danach suchten die Verliebten zu zweit einen Ort für ihr künftiges lebendiges Haus. Sie gingen zu zweit hinter die Einfriedung der Ortschaft, wo er mit seinen Eltern lebte, und danach zu der Siedlung, wo sie lebte. Und es gab keine Notwendigkeit, die Eltern von ihrem Vorhaben zu unterrichten. Es verstand auch so jeder in den Ortschaften und wusste von der bevorstehenden Vollendung.
Wenn die Verliebten den Ort, wo sie leben würden, im gegenseitigen Einvernehmen gefunden hatten, zogen sie sich oft zu zweit dahin zurück.
Sie übernachteten unter freiem Himmel oder in der erbauten Laubhütte, sie wachten mit der Morgendämmerung auf und verabschiedeten den Tag. Sie gingen für kurze Zeit in die Häuser ihrer Eltern zurück und eilten wieder an ihren Ort. Er rief sie und zog sie an, so wie das kleine Kind auf unerklärliche Weise die Aufmerksamkeit der Eltern auf sich zieht.
Die Eltern stellten den jungen verliebten Leuten keine Fragen. Sie warteten nur mit Zittern und großer Freude auf die Fragen der Kinder und schauten, wie ihr Sohn oder ihre Tochter in tiefes Nachdenken verfiel.
Die Kinder gingen wieder in ihre große Einsamkeit. So konnte es Monate, ein Jahr, zwei Jahre gehen. In dieser Zeit gab es keine physische, intime Nähe zwischen den Verliebten.
Zitat aus: Band 6, Seite 118