Vor 37 Jahren (1986) las ich zum ersten Mal in Büchern über Permakultur von einer außergewöhnlichen Methode mit einem besonderen ‘Yeomans-Pflug’ großflächig Boden zu verbessern.
Der Begriff “Pflug” kann im übrigen irreführend sein, denn der Yeomans-Pflug wendet den Boden nicht sondern zieht Ritzen und lockert dabei den Boden.
So sieht die Scheibenseche (engl. coulters), der Grindel (engl. shank) und der Zinken (engl. digging point) eines Yeomans-Pfluges aus:
Bildquelle: http://web.archive.org/web/20180218113147/http://crkeyline.ca/what-is-keyline-design/
Die beiliegende Zeichnung fand ich damals schon verständlich; mit den Schneidscheiben und den Zinken werden Ritzen in den verdichteten Boden eingebracht in denen Wasser gut eindringen kann und die Pflanzenwurzeln gut wachsen können:
Bildquelle: http://web.archive.org/web/20180218113147im_/http://crkeyline.ca/wp-content/uploads/2015/06/Soil-formation.jpg
Allerdings hatte ich damals nicht verstanden, was gemeint ist, wenn es heißt, man solle von dem hohen Tal nach unten auf die Berghöhen arbeiten …
Damals standen mir nur Fragezeichen im Kopf: Denn das Tal ist doch niedriger als die Berghöhen…
Wegen diesem Unverständnis hatte ich seinerzeit (also in den Jahren nach 1986) das Thema ‘Yeomans-Plow’ sowie das dazugehörige ‘Keyline-Design’ längere Zeit nicht beachtet.
Zwischenzeitlich habe ich dann verstanden, was gemeint ist. Nur fällt es etwas schwer, dies in Schriftform darzulegen.
Statt in Tälern und Höhen zu formulieren schreibe ich es nun komplett anders: Von den feuchten Stellen des Geländes gehen diese Ritzen in leichtem Gefälle (z.B. 2 bis 4 %) abwärts zu den trockenen Bereichen des Landes.
Gut erklärt wird das Keyline-System in den Filmen auf dieser Seite:
http://www.konstantin-kirsch.de/2021/07/keyline-im-high-tech-sandkasten.html
sowie in diesem Buch:
http://www.konstantin-kirsch.de/2020/12/buchtip-water-for-any-farm.html
auf dieser deutschen Webseite:
https://www.freizahn.de/2015/05/das-keyline-konzept/
und auf dieser englischen Seite im Webarchiv:
http://web.archive.org/web/20180218113147/http://crkeyline.ca/what-is-keyline-design/
Hier ist die Webseite des Herstellers auf der auch jede Menge Informationen zu finden sind:
http://yeomansplow.com.au/
Als Ergebnis bekommt man eine eher gleichmäßige Feuchte auf dem Land, insbesondere ist das gut, wenn man große Weideflächen hat damit das Gras gleichmäßig wachsen kann, weder im trockenen Bereich verdorrt, noch im feuchten Bereich zu Matsch zertrampelt wird.
Wenn man jedoch einen Waldgarten oder ein Agroforst-System anlegen will kann man durchaus auch die Neigung anders herum legen und von den trockenen Bereichen das Wasser zu den feuchten Stellen lenken. Man erzielt unterschiedliche Biotope je nach den Bedürfnissen der Baumarten. Man mit dieser Methode schlussendlich sogar Quellen erschaffen!
Nach längerer Beschäftigung mit dem Thema haben wir im Anfang November 2021 eine Fläche von knapp einem Hektar mit einem Yeomans-Pflug mit Keyline-Design-Ritzen versehen.
In meinem Youtube-Kanal habe ich ein paar Videos dazu:
Man soll sich beim Yeomans-Ritzen langsam in die Tiefe vorarbeiten. In der oben eingebetteten Zeichnung steht: 6 cm / 12 cm / 18 cm.
Eine andere Angabe in der Literatur ist: 7 bis 10 cm tiefer als die Hauptmasse der Graswurzeln.
Ich hatte geplant mit 10-15 cm zu beginnen. So hatte ich die Räder (als Tiefenbegrenzer) auch eingestellt. Jedoch hatte ich nicht daran gedacht, daß das Gewicht des Gerätes die Reifen etwas zusammendrückt und das der Boden unter dem Gewicht etwas nachgibt. Schließlich wurden die Ritzen eher 20 cm tief. Das war also etwas tiefer als gedacht. Meinem Eindruck nach neigt man dazu die Tiefe zu groß zu wählen denn man ist gewohnt mit Tiefenlockerern die verdichtete Pflugsohle zu durchbrechen (ca. 20 cm tief) anstatt ganz flach zu lockern nur um die Wurzelspitzen anzuregen etwas nach unten zu wachsen.
Die Empfehlung lautet zwei mal im Jahr zu Ritzen und jedes Mal 5 cm tiefer gehen.
Da wir etwas zu tief starteten haben wir bei den Folgeeinsätzen zunächst nur versetzt gearbeitet anstatt tiefer zu gehen und sind mittlerweile erst bei 25 cm Tiefe angelangt.
Unser Yeomans-Pflug kann bis 56 cm Tiefe arbeiten (es gibt auch größere Modelle die bis 79 cm Tiefe gehen).
Die Erde wird im Bereich der Ritze so deutlich angehoben, daß es günstig erscheint mit einer nachlaufenden Walze die Wiese zu ebnen. Dieses Anbauteil gibt es beim australischen Hersteller, aber die Frachtkosten für die Strecke sind doch erheblich. Deshalb arbeiten wir gerade an einer Selbstbaulösung.
Die in Australien hergestellten Yeomans-Pflüge sind in Deutschland noch selten. Es gibt hierzulande zwar Bodenlockerer (auch subsoiler genannt), die haben jedoch fest montierte Grindel und sind daher in keiner Weise so flexibel einsetzbar wie der Yeomans.
Per Zufall fand ich soeben eine Kleinanzeige für einen neuen Yeomans-Pflug, der etwas breiter ist als unserer und statt 3 sogar 5 Zinken hat:
https://www.kleinanzeigen.de/s-anzeige/tiefenlockerer-yeomans-plow-keyline-plow/2494198294-276-4405
Der Anbieter ist die Firma Bodenbalance in Gilserberg. Diese Firma hat aktuell 2 Yeomans im Einsatz und einen im Angebot. Sie bestellen ab und an in Australien und haben eine kleine Auswahl an Ersatzteilen im Vorrat. Auf jeden Fall können Interessenten am Yeomans-Pflug statt in Australien auch in Gilserberg anfragen.
***** Nachtrag *****
Ich bekam die Rückfrage eines Freundes:
“Meiner Erfahrung nach befinden sich feuchte Stellen in der Regel in den tieferen Teilen von Tälern und Gräben. Also ist Deine Formulierung unzureichend oder ev. verwirrend.
Andererseits – wie bringst du Feuchtigkeit vom Tal nach oben?”
Genau um dieses Missverständnis geht es beim Keyline-System. Ich versuche es mal so zu erklären:
An einem Hang seitlich eines Flusses gibt es Gräben, bzw. kleine Täler hangabwärts. Auf dem großen Hang gibt es mehrere solcher Täler, die alle zum Fluss herab führen. Zwischen diesen Seitentälern des Hangs gibt es auf dem Hang sogenannte “Rücken”. Das sind die Bereiche des Hanges zwischen den kleinen Tälern des Hanges. Diese Rücken sind Teil des Hanges und sind trockener als die Seitentäler. Beim Keyline-System misst man zuerst die Höhenlinien exakt aus und plant dann eine kleine Neigung ein (z.B.: 2-4%) um das Wasser zu lenken. Dabei wird die Linie mit 2-4% Neigung so gelegt, daß es von einem Punkt innerhalb eines Seitentales (das hangabwärts vielleicht 10 bis 40% Gefälle hat) nach draußen auf den Rücken geht. Dort liegt man dann zwar von den Höhenmetern niedriger als bei dem Startpunkt innerhalb des Tales, aber man hat dennoch Wasser vom Seitental auf den trockenen Rücken gelenkt.
Bildhaft ist es auf dieser Seite:
http://www.konstantin-kirsch.de/2021/07/keyline-im-high-tech-sandkasten.html
im Film “Keyline® in the AR Sandbox #3: Design for Water”
https://youtu.be/xhLh81QdYZs
bei Minute 7:25 gut dargestellt
Direktlink zum Zeitpunkt: https://youtu.be/xhLh81QdYZs?t=445
Hier als Screenshot:
Zur Erklärung: Unten rechts ist der tiefste Punkt des Geländes (Wasser im Tal). Oben links ist der höchste Bereich des Geländes (Gebirge). dazwischen gibt es mehrere Seitentäler, erkennbar an den dünnen grauen Linien, den Höhenlinien (alle Punkte dieser Linie liegen auf der selben Höhe über Meer). Es gibt im linken, oberen Bereich des Modells zwei kleine Teiche, denn in diesem Bereich soll Regenwasser gesammelt werden. In dem etwas tiefer liegenden Bereich (orange bis gelb) liegen die zu bewässernden Hauptanbaugebiete. Dort liegen die dicken grünen Striche, die leicht hangabwärts geneigt sind und das Wasser aus den Seitentälern auf die trockenen Rücken lenken. Genau dort läuft das Keyline-Plowing mit dem Yeomans-Pflug.