Unbequeme Wahrheiten über Strom und die Energie der Zukunft

In einem Video von Lars Schernikau bin ich auf ein sehr interessantes Diagramm gestoßen.
Dr. Lars Schernikau ist möglicherweise einigen meiner Leser nicht bekannt.
Deshalb zitiere ich zuerst eine Kurzbeschreibung:

Lars ist Energiewirtschaftswissenschaftler, Unternehmer, Rohstoffhändler und Buchautor. Er lebt derzeit in Europa und Asien. Zuvor arbeitete er bei der Boston Consulting Group in den USA und Deutschland. Er ist Mitbegründer, Aktionär und ehemaliges Aufsichtsratsmitglied von zwei in Deutschland börsennotierten Rohstoffunternehmen (www.hms-ag.com) und gründete, arbeitete für und beriet eine Reihe anderer Unternehmen im Rohstoff- und Energiesektor weltweit. Er studierte an der New York University und am INSEAD in Frankreich und promovierte in Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Universität Berlin, Deutschland. Neben seiner operativen Tätigkeit in der Rohstoffindustrie hält er heute regelmäßig Vorträge auf wichtigen Energie- und Rohstoffkonferenzen und Workshops in aller Welt. Lars berät ausgewählte Regierungen, Banken und Konzerne in Sachen Energiepolitik.

Als zukunftsorientierter und positiv denkender Makroökonom mit herausfordernden, wissenschaftlich untermauerten Ansichten hat Lars einen positiven Ansatz gegenüber kritischem Denken und der Umwelt, wobei er das langfristige Überleben unserer Existenz im Auge hat. Lars beschäftigt sich seit fast einem Jahrzehnt mit Energierohstoffen für die Energiewende sowie mit den Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels. Seine akademische Forschung ist bei Elsevier SSRN verfügbar und ausgewählte Videos sind bei Energeia Publishing oder YouTube zu sehen.

Sein jüngstes Buch, das er gemeinsam mit Prof. William H. Smith verfasst hat, „The Unpopular Truth… about Electricity and the Future of Energy“, ist auf Englisch und Deutsch bei Amazon als Kindle- und Printversion erhältlich.

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

Quelle: https://co2coalition.org/teammember/lars-schernikau/

Ich habe mir das Buch „Unbequeme Wahrheiten über Strom und die Energie der Zukunft“ besorgt um das angesprochene Diagramm darin zu finden, was jedoch leider nicht der Fall ist.
Dennoch ist das Buch interessant. Es endet in der Zusammenfassung mit drei Kernaussagen:

  1. Der zukünftige Energiebedarf übersteigt […] die potentielle „erneuerbare“ Energieerzeugung
  2. „Erneuerbare“ Energie bleibt auf absehbare Zeit eine knappe Ressource und ihre breite Einführung würde die Nettoenergieeffizienz unter das Niveau absenken, das für das Aufrechterhalten unserer Zivilisation mit ihrem derzeitigen Lebensstandard und ihrer Bevölkerungszahl erforderlich ist.
  3. Bislang wurde noch keine praktikable Lösung für eine netzwerkweite Langzeit-Speicherung gefunden oder vorgeschlagen; zudem würde keine Speicherlösung das grundsätzliche Energieproblem wirklich lösen.

Jetzt zeige ich ein Bildschirmfoto vom Diagramm, das mir in dem Vortrag von Lars Schernikau aufgefallen ist:

Quelle:
https://youtu.be/NiHrCjqP4KQ zwischen Minute 26:04 und 27:21

Es geht in dem Bild um den Aufwand (Zeit und Geld) für das menschliche Überleben bzgl. Nahrung und Wärme in Betrachtung der Änderung im Verlauf der Geschichte.
Das Diagramm beginnt im Jahr 1300, also grob vor 700 Jahren. Bis ca. 1650 ist das Diagramm ziemlich gleich:

– Ungefähr 5 bis 10% Aufwand galt dem Brennholz.
– Ungefähr 30 bis 40% Aufwand galt Tierfutter.
– Ungefähr 20 bis 50% Aufwand galt der Nahrung

Zusammen genommen galt 60 bis 80% jeglichen Aufwandes nur Wärme und Nahrung, also dem reinen Überleben.

Mit der Kolonialisierung, der Dampfmaschine und der Industrialisierung hat sich dies grundlegend gewandelt, so daß die moderne Gesellschaft nur noch ca. 10% des Aufwandes für Wärme und Nahrung aufwendet. (Das beantwortet nicht die Frage ob die neu gewonnenen „Freizeit“ sinnvoll genutzt wird)

Zur Erklärung des Diagrammes taugt es den (englischen) Vortrag ab Min. 25:48 zu sehen: https://youtu.be/NiHrCjqP4KQ?t=1548
(wer mehr Zeit und Interesse hat kann den Film auch komplett ansehen)

Über das Kleingedruckte am unteren Ende des Bildschirmfotos konnte ich die eigentliche Quelle des Bildes finden:

Es handelt sich um eine Publikation von 2018 mit dem Titel:
„Die Energiesäulen der Gesellschaft: Perverse Wechselwirkungen zwischen menschlicher Ressourcennutzung, Wirtschaft und Umweltzerstörung“

https://link.springer.com/article/10.1007/s41247-018-0035-6

Die Publikation ist leider kostenpflichtig, jedoch gibt es zumindest eine Zusammenfassung, die ich hier übersetzt wiedergebe:

Zusammenfassung
Um das 2 °C-Klimaziel der COP21 zu erreichen, müsste die Menschheit innerhalb der nächsten Jahrzehnte den Übergang zu erneuerbaren Energien vollziehen. Fossile Brennstoffe werden jedoch noch jahrzehntelang die Grundlage für viele grundlegende Aktivitäten bilden, die das Funktionieren der modernen Gesellschaft ermöglichen. Leider ist der Nettoenergieertrag aus fossilen Brennstoffen derzeit rückläufig, und trotz des beträchtlichen Wachstums bei den erneuerbaren Energien steigen der weltweite Gesamtenergiebedarf und der Verbrauch fossiler Brennstoffe weiter an. Jüngste Studien belegen vielversprechende Trends beim Nettoenergieertrag aus neuen erneuerbaren Energien, insbesondere aus Wind- und Sonnenenergie. Die meisten Studien berücksichtigen jedoch nicht in vollem Umfang die Komplexität der verschiedenen Faktoren, wie z. B. die Unterbrechung der Produktion, die Speicherung, die Notwendigkeit, ein massives Infrastrukturnetz zu ersetzen, und die mangelnde Fungibilität der verschiedenen Energiequellen. Häufig wird auch übersehen, dass der Mensch die natürlichen Ökosysteme und die Bereitstellung von Ökosystemgütern und -dienstleistungen auf breiter Front geschädigt hat, wovon besonders anfällige Gebiete wie Küstengebiete und Trockenregionen betroffen sind. Eine beschleunigte Umstellung auf erneuerbare Energien, um die Klimaziele zu erreichen und die abnehmenden Bestände an fossilen Brennstoffen mit hohem Nettoertrag zu ersetzen, wird mit den Ressourcen konkurrieren, die für wichtige Investitionen benötigt werden, um die bereits eingetretenen Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltzerstörung zu mildern. Integrative Ansätze, die alle Kosten einbeziehen, können dazu beitragen, voneinander abhängige Faktoren wie die Nettoenergiedynamik, die Ressourcenzuweisung und die Verschlechterung der Ökosysteme auszugleichen. Energie-Klima-Investitionspfade führen zu Kompromissen bei der Wirtschaftsleistung und der Lebensqualität, die berücksichtigt werden müssen. Dementsprechend erfordert die Entwicklung einer zukünftigen Energiepolitik einen Systemansatz mit globalen Grenzen und einem neuen Maß an Verständnis für die komplexe Mischung der beteiligten, miteinander verbundenen Faktoren.

Mit Hilfe der Bildersuchmaschine https://tineye.com/ habe ich auch das Originalbild gefunden (Screenshot vom Video hochladen und suchen lassen):

Link zum Bild:
https://media.springernature.com/original/springer-static/image/art%3A10.1007%2Fs41247-018-0035-6/MediaObjects/41247_2018_35_Fig3_HTML.gif

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Was bedeutet dieses Diagramm nun für unser Jetzt und unsere Zukunft?

Es ist eigentlich ganz einfach zu erkennen:

  1. Uns geht es gerade ziemlich gut, nie hatten wir so wenig Aufwand nötig fürs reine Überleben. Das Jetzt ist eine perfekte Zeit für Besinnung, was Menschsein eigentlich ist (ohne durch den Überlebenskampf davon abgelenkt zu sein).
  2. Sollte die derzeitige Zivilisation nicht mehr funktionieren, dann fallen wir mindestens zurück auf den Bereich 60 bis 80% Aufwand für das Überleben. Da jedoch die dafür nötige Infrastruktur (Bauernhöfe mit Küchenherd, Stall, Erdkeller, etc. sowie das nötige Wissen, Erfahrung, Gewohnheiten) größtenteils verschwunden ist müsste diese Struktur erst wieder errichtet werden (mit welcher Energie??). Das heißt, daß ein „zurück“ nicht möglich ist, zumindest nicht für weite Teile der Bevölkerung.
  3. Wir können die derzeit billig verfügbare Energie sinnvoll nutzen um neue Strukturen zu schaffen, die ein Post-Fossiles-Zeitalter ermöglichen indem der Aufwand für Wärme und Nahrung zwar etwas steigen möge, vielleicht von 10 auf 20%, es jedoch immer noch viel sogenannte „Freizeit“ gibt für Besinnung, Muse, Kunst, Kultur und Kreativität usw. Dies funktioniert jedoch nicht über den Weg der Städte, der Technokratie oder gar der künstlichen Intelligenz sondern nur über die geschickte Kooperation mit der Natur, wobei als Auftakt durchaus technische Geräte übergangsweise dienlich sein können.

Bei dem genannten Punkt 3 denke ich beispielsweise an Bagger zur Gestaltung der Landschaft, zum Anlegen von Terrassen, von Teichen, von Windschutzwällen etc. Ich denke auch an Umstellung auf pfluglose Landwirtschaft (z.B.: Turiel-Dammkultur) sowie an spezielle Tiefenlockerer in der Landwirtschaft (z.B.: Yeomans), die helfen den Humus wieder aufzubauen und Wasser in der Landschaft zu speichern. Und insbesondere denke ich an eine zukunftsweisende Siedlungsplanung, beispielsweise Familienlandsitzsiedlungen, wie sie in den Anastasia-Büchern angeregt werden.

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