Kurzbericht zu unserem Gerichtstermin am Gründonnerstag

Meinem Aufruf über Emailverteiler, Webseite:
https://www.konstantin-kirsch.de/2024/03/unser-gerichtstermin-ist-am-28-3-2024-um-11-uhr-in-kassel-zuschauer-gewuenscht.html
und Gelbem Forum:
https://dasgelbeforum.net/index.php?id=652868

sind weit mehr Menschen gefolgt als sich bei mir vorab angemeldet hatten.

DANKE!

Es kam auch (mindestens) ein Leser des Gelben Forums. Allerdings hatten wir uns nur kurz vor Beginn der Verhandlung kennengelernt und danach nicht mehr gesprochen.

Wir hatten am 20.3. dem Gericht gemeldet, daß sich „ein gutes Dutzend“ bei uns angemeldet haben und wir darüber hinaus von einer „erheblichen Dunkelziffer“ ausgehen, die auch noch dabei sein wird. Daraufhin wurde der Saal von der Außenstelle ins Haupthaus geändert weil in der Außenstelle nur kleine Säle sind.

Einen Tag vor Termin meldeten wir dem Gericht, daß wir mit mindestens 20 (bei uns angemeldeten) Teilnehmern rechnen und zusätzlich „von Null bis ca. 20 weiteren“ alles drin ist. Und so grob lagen wir mit der Einschätzung 20-40 wohl ganz richtig:

Es kamen so viele Menschen ins Gericht, daß leider, leider, nicht alle im Raum Platz gefunden haben.
Noch vor Beginn der Verhandlung, als wir alle im Flur warteten, kam ein Richter aus dem anderen Verhandlungssaal und staunte, was im Flur denn los ist. Offensichtlich ist selten so viel Publikum im Verwaltungsgericht.

Auch wenn es für die einzelnen Menschen traurig gewesen sein mag, nicht im Raum dabei gewesen zu sein, so war es doch für das Ganze besonders wertvoll, daß nicht alle Interessenten in den Raum gepasst haben, denn so wurde das öffentliche Interesse für den Vorsitzenden und andere Richter besonders deutlich.

Im Saal war auffällig, daß von der Beklagten-Seite fast keine Worte gesprochen wurden um sich zu verteidigen oder das eigene Verhalten zu rechtfertigen.

Ich habe 3 Beweisanträge (teils mehrseitig lang), einen Beschlagnahmungsantrag sowie 8 Eventual-Beweisanträge („Er spielt in der Praxis auch der Revisionsgerichte keine geringe Rolle. Das ist seiner Lästigkeit zuzuschreiben.“) verlesen.
Bei jedem Beweisantrag (zumeist Antrag auf Ladung von Zeugen) fragte der Vorsitzende ob er dies mit dem Urteil bescheiden kann, was ich bestätigte. Beim Beschlagnahmungsantrag (Antrag, alle mitgebrachten Akten der Beklagten hier und sofort zu beschlagnahmen, …) war dem Vorsitzenden klar, daß er diese Entscheidung nicht verschieben kann, deshalb unterbrach er die Verhandlung. Nach grob 20 Minuten ging es weiter und er verkündete, daß unser Antrag abgelehnt sei. Die Begründung konnte ich nicht mitschreiben (weil ich kein Steno kann), aber unser Stenograf hat es mitgeschrieben und es wird auch im Protokoll zu finden sein.

Während der mündlichen Verhandlung können die Zuschauer, bzw. Zuhörer, den gesamten Inhalt der Schriftsätze erfahren UND die Beklagten (in unserem Fall Vertreter des beklagten Jugendamtes/Landratsamtes) mussten sich alle Anschuldigungen anhören anstatt nur Papiere in die Tasche zu stecken (und womöglich warten und hoffen, das Gras drüber wächst). Und wie es im Radio manchmal klingt: „Geht ins Ohr, bleibt im Kopf“ Und so sollte die anwesende „stellvertretende Fachbereichsleiterin des Fachbereichs Recht, Aufsicht und Ordnung“ unseres Landkreises beispielsweise folgendes (mehrfach) anhören (sinngemäß aber nicht wortidentisch vorgetragen):

„Das Jugendamt hatte mehrfach beim Familiengericht den Antrag gestellt, in das für [unsere Tochter] angelegte Untersuchungsheft Einblick zu nehmen. Auch dies ein massiver Verstoss gegen datenschutzrechtliche Prinzipien, zumal in allen Untersuchungsheften explizit steht, dass keine Behörde von Eltern darein Einblick verlangen darf! Diesen Antrag hielt das Jugendamt sogar noch aufrecht, als das Familiengericht in Hersfeld unter Einzelrichter xxx entschieden hatte, es läge gar kein Handlungsbedarf vor!“

Zum Verständnis: Die U-Untersuchungen, die ins U-Heft eingetragen werden (für Kinder bis 6 Jahren) sind in Hessen Pflicht.

Gleich beim Aufschlagen dieses Heftes gibt es eine herausnehmbare „Teilnahmekarte“. Darauf ist vermerkt, welchen Termin man wahrgenommen hat. Diese Karte kann man durchaus einem Behördenvertreter zeigen, das Heft selbst ist jedoch privat.

Und jetzt wird es (juristisch) spannend, denn auf der ersten Seite des Heftes ist deutlich erkennbar ein Textbereich hervorgehoben. Darin steht:

„Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Gelben Heft um eine vertrauliche Information handelt. Keine Institution (z.B. Kita, Schule, Jugendamt) darf eine Einsichtnahme verlangen. Sie entscheiden, wem Sie den Einblick gewähren. Die Herausnehmbare Teilnahmekarte ist als Beleg für die Wahrnehmung der Untersuchungen ausreichend.“

Dort steht nicht: Sollten Institutionen Einsicht haben wollen, können Sie dies verweigern…
Dort steht: Keine Institution darf Einsichtnahme verlangen!

Das ist ein riesiger Unterschied! Schon das Fragen nach Einsicht ins Heft ist verboten!!

Und das Jugendamt in unserem Landkreis versuchte sogar mehrfach übers Familiengericht diese Einsicht ins U-Heft zu bekommen…
Das muss man anprangern und das haben wir getan. Zuerst mehrfach schriftlich, auch beim Familiengericht und nun auch in öffentlicher Verhandlung im Verwaltungsgericht Kassel.

Wir haben im Rahmen der Klage auf das Recht auf Akteneinsicht also auch anderes Fehlverhalten des Jugendamtes / der Behörden angeprangert.

Da mehrere Zuschauer im Gericht waren, die sich nicht vorab bei mir angemeldet hatten und deshalb auch nicht im separaten „angemeldete Zuschauer-Verteiler“ eingetragen waren, bat ich über meinen Emailverteiler um Zeugenberichte:

Beispielsweise konnte ich die Anzahl der Teilnehmer im Saal nicht zählen weil ich anderweitig konzentriert war.
Hat jemand die Anzahl gezählt?
Hat jemand die Anzahl derjenigen gezählt, die im Flur waren und nicht rein konnten?
Was war genau passiert, als der Beschlagnahmungsantrag verlesen war und der Richter umgehend eine Unterbrechung der Versammlung entschieden hatte. So weit ich es mitbekommen hatte sind die zwei Vertreter der Gegenseite umgehend aus dem Saal gegangen und schnell weg gelaufen, es seien ihnen aber andere Zuschauer nachgeeilt. Was haben die gemacht? Haben die telefoniert? Hat jemand mitgehört, was sie gesprochen haben?

Unsere Anträge waren so umfangreich, daß der Richter sich erst einmal intensiv damit befassen muss bevor weitere Entscheidungen folgen. Der Vorsitzende verkündete zum Ende der Verhandlung (knapp länger als 2 Stunden inkl. der Unterbrechung), daß er noch am selben Tage eine Entscheidung treffen werde. Wir könnten warten, oder es wird uns nach Ostern schriftlich zugestellt. Wir, und alle anderen Teilnehmer sind dann abgereist anstatt zu warten.

***

Hier ein Zeugenbericht:

Hallo Konstantin,

ich war bei der Sitzung in Kassel im Sitzungssaal dabei. Ich wollte dir mitteilen, was ich beobachtet habe. Ein älterer Mann mit Brille, zum Gericht gehörend, wahrscheinlich Richter oder so, guckte vorher schon mal sich im Wartebereich um, da ward ihr noch nicht da. Dieser Mann sass dann im Sitzungssaal neben mir ca. 10 Minuten, dann ging er raus. Vorher schaute auch mal der Wachtmeister vorbei im Wartebereich und guckte, der dann im Sitzungssaal hinten sass. Ich hatte den Eindruck, dass die nicht mit so vielen Zuschauern gerechnet haben. Die Beklagten, der Herr xxx und diese blonde Frau, den Namen hab ich nicht verstanden, ist mir aufgefallen, dass der Herr xxx völlig teilnahmslos wirkte, fast schon stumm, der Richter hatte 3 mal nachgefragt, „wie heissen Sie“ , so unverständlich nuschelte er. Die beiden kamen mir sehr angespannt und verunsichert vor. Die blonde Frau gab sich etwas überheblich, was ich auf Unsicherheit zurückführen würde. Die beiden hatten die ganzen Zuschauer im Rücken, also alles Leute, die auf eurer Seite waren. Diese energetische Unterstützung haben die beiden mit grosser Sicherheit gespürt. Und ich glaube, dass die das sehr verunsichert hat. Also mich würde das verunsichern, wenn ich in so einer Situation wäre wie die beiden Beklagten gestern. Den Richter empfand ich als schwingungsfähig, er wollte das Vorlesen der Eventual-Beweisanträge abwürgen, weil ihm das unangenehm war, denke ich. Evtl. ist er noch sehr am Anfang seiner Karriere und nicht so abgebrüht. Das mit der Beschlagnahmung war schon etwas grenzwertig für ihn, was er mit einer Unterbrechung der Sitzung beantwortete, um sich abzusprechen mit seinen Vorgesetzten denke ich. Abschliessend denke ich, dass es schon eine Rolle gespielt, hat, dass so viele Zuschauer gekommen sind. Ich denke, das hat Eindruck gemacht, auf jeden Fall Aufsehen. Darüber spricht ja dann das ganze Gericht, denn das ist schon eine Ausnahme, und in deren langweiligem Alltag gewiss nicht alltäglich. Und es wird natürlich weitergetragen zu anderen Behörden. Nicht nur von den Beklagten, denke ich.
Herzlichen Dank an euch, Ihr werdet beschützt, liebe Grüsse

[Anmerkung von Konstantin: Die zwei, hier als ‚Beklagte‘ bezeichnet waren nicht die Beklagten sondern Vertreter dessen. Wir haben ja die Klage gegen das Jugendamt/Landratsamt erhoben und das kann gar nicht selbst kommen sondern nur Vertreter dessen]

***
Ein weiterer Zeugenbericht:
Grüße an dich,
Ich bin dann gegen 12Uhr wieder gefahren, habe mit den anderen etwa 20 Leuten, die zwar pünktlich da waren, aber den Saal wegen mangelnder Sitzplätze wieder verlassen mussten, auf dem Gang gewartet… nun hoffe ich auf einen guten Ausgang auf allen Ebenen
Herzliche Grüße

***
Und noch ein dritter Zeugenbericht:

Lieber Konstantin,
wir meinen, es wären 19 Zuschauer gewesen und etwa 10 Menschen, die nicht hereingelassen wurden.
Ich habe die Beiden der Gegenseite in der Pause mit einer Tasche in der Hand im Flur hinten stehen sehen. Mehr kann ich leider nicht dazu sagen.

***

Am Dienstag nach Ostern will ich beim Verwaltungsgericht anrufen und fragen ob sich die Akte erweitert hat (Entscheid / Protokoll / Urteil) und dann werde ich zusehen, davon möglichst schnell Kenntnis zu bekommen, auch wenn ich dafür nochmal nach Kassel fahren muss.

Fürs Urteil hat der Richter ja 20 Tage Zeit und ich ahne, daß er dies womöglich ausschöpfen wird weil unser Fall und unsere Beweisanträge bei ihm Rechtsfragen aufgeworfen haben dürften, an die er noch nie gedacht hatte.


Es kamen weitere Zeugenberichte:
https://www.konstantin-kirsch.de/2024/03/weitere-zeugenberichte-unseres-gerichtstermins.html

Schreibe einen Kommentar