Im Unterschied zu einjährigem Ackerbau trumpfen Waldgärten auf, in dem sie dauerhafte Ernte ermöglichen ohne laufend neu beackert zu werden. Dadurch hat ein Waldgarten ein besonders wirtschaftliches Verhältnis zwischen niedrigem Energieeinsatz und hohem Ertrag.
Wenn man jedoch die zu erntenden Makronährstoffe (Kohlehydrate, Fett und Protein) im Detail betrachtet kommt man schnell zum Ergebnis, daß von Bäumen die Kohlehydrate am leichtesten zu ernten sind (an erster Stelle süße Früchte). Fett ist auch relativ leicht zu ernten (Nüsse), Schwieriger wird es mit dem Eiweiß, den Proteinen.
Zunächst will ich den täglichen Bedarf an Proteinen thematisieren.
Und schon stolpert man über sehr unterschiedliche Angaben…
Ich beginne mit der ‚Deutschen Gesellschaft für Ernährung‘: Auf dessen Webseite gibt es diese Empfehlung:
Die empfohlene Zufuhr für Protein beträgt für Erwachsene ab 19 Jahren bis unter 65 Jahre 0,8 g Protein/kg Körpergewicht pro Tag. Für Erwachsene ab 65 Jahren gibt die DGE erstmals einen Schätzwert für eine angemessene Zufuhr von 1,0 g/kg Körpergewicht pro Tag an.
Quelle: https://www.dge.de/presse/meldungen/2011-2018/wie-viel-protein-brauchen-wir/
Gut an diesen Angaben ist einerseits ein Bezug zum Körpergewicht des Menschen und eine (geringe) Unterscheidung im Alter. Jedoch fehlt vollständig die Unterschiedlichkeit bezüglich dem Normalgewicht und der körperlichen Aktivität. Ich überzeichne das mal: Wer als Fettkloß ohne erkennbare Muskeln nur als dem Sofa sitzt (Couch-Potato) braucht weit weniger Eiweiß um (nicht nennenswert vorhandene) Muskeln zu erhalten als ein vor Muskeln protzender Athlet oder ein Mensch, der im Alltag seines Waldgartens gewohnt ist, körperlich zu schaffen.
Wer seine körperliche Leistungsfähigkeit erhalten will MUSS die eigenen Muskeln benutzten und deshalb braucht derjenige auch mehr Proteine um diese zu erhalten.
Eine Angabe des diesbezüglichen Bedarfs lautet beispielsweise so:
For building muscle mass and for maintaining muscle mass through a positive muscle protein balance, an overall daily protein intake in the range of 1.4–2.0 g protein/kg body weight/day (g/kg/d) is sufficient for most exercising individuals, a value that falls in line within the Acceptable Macronutrient Distribution Range published by the Institute of Medicine for protein.
Übersetzung:
Quelle: https://jissn.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12970-017-0177-8
Für den Aufbau von Muskelmasse und den Erhalt der Muskelmasse durch eine positive Muskelproteinbilanz ist eine tägliche Gesamteiweißzufuhr im Bereich von 1,4-2,0 g Protein/kg Körpergewicht/Tag (g/kg/d) für die meisten sportlich aktiven Personen ausreichend, ein Wert, der in den vom Institute of Medicine veröffentlichten Bereich der akzeptablen Makronährstoffverteilung für Protein fällt.
Diese Angabe liegt doppelt so hoch wie die oben genannte von der DGE!
Wer täglich am Schaffen ist, geistig UND körperlich, im Waldgarten also nicht alles mit Maschinen (Diesel-Knechten) erledigt, (statt Aufsitzrasenmäher die Handsense benutzt, usw.) der hat gute Chancen für einen athletischen Körperbau, also ohne Übergewicht und mit relativ viel Muskelmasse. Dabei ist dann eher 2 g Protein/kg Körpergewicht/Tag passend.
Wer diesen athletischen Körperbau noch nicht hat (ich selbst eingeschlossen weil ich noch mehr Zeit im Büro verbringe als es optimal wäre) nimmt bei der Berechnung NICHT das aktuelle (übergewichtige) Körpergewicht sondern das ‚Normalgewicht‘, beispielsweise zu ermitteln über den BMI-Rechner der TK: https://www.tk.de/service/app/2002866/bmirechner/bmirechner.app
Ich nehme mich selbst mal als Beispiel: Mit meiner Körpergröße von 196 cm liegt mein ‚Normalgewicht‘ bei 71,1 – 96,0 kg. Der Durchschnittswert davon ist 84 kg. Bei optimalem Wert von 2 g Protein/kg Körpergewicht/Tag für aktive Waldgärtner komme ich auf einen Bedarf von 168 g Protein pro Tag.
Mit üblichen Lebensmitteln könnte ich das so konsumieren:
28 Eier am Tag (6 g pro Stück), oder:
5,6 Liter Milch (3 g / 100 g), oder:
5,6 Kilo Spinat (3 g / 100 g), oder:
3,7 kg Grünkohl (4,5 g / 100 g), oder:
1,3 kg Magerquark (13 g / 100g), oder:
840 g Lachs (20 g / 100 g), oder:
840 g Kichererbsen (20 g 100 g), oder:
800 g Mandeln (21 g/ 100 g)
Sehr schön: Die Baumfrucht ‚Mandel‘ rangiert sehr weit oben in der Liste.
(Angaben von dieser Seite: https://eatsmarter.de/ernaehrung/gesund-ernaehren/proteinreiche-lebensmittel-die-top-20)
Die Zahlen bei typischen Produkten eines Waldgartens wären beispielsweise:
2,8 kg Süß-Eicheln (6 g / 100 g), oder:
2,4 kg frische Brennnesseln (7 g / 100 g), oder:
2,3 kg frische Steinpilze (7,4 g / 100 g), oder:
1,4 kg Haselnüsse (12 g / 100 g), oder:
1,2 kg Walnüsse (14 g / 100 g), oder:
880 g Zedernnüsse (19 g / 100 g), oder:
560 g trockene Brennnesseln (30 g / 100 g), oder:
517 g Zedernflocken (32,5 g / 100 g), oder:
420 g Ahornsamen (40 g / 100 g), oder:
230 g getrocknete Steinpilze (74 g / 100 g)
Man könnte dann noch die biologische Wertigkeit der Proteine berücksichtigen, außerdem den Ernteaufwand, den Verarbeitungsaufwand (Nüsse knacken / Pilze trocknen / Samen pressen usw.) und schließlich kann man noch den Flächenbedarf berücksichtigen (z.B.: wie viel Wald brauche ich um 840 kg Steinpilze pro Jahr zu ernten (= 2,3 kg / Tag).
All dies hat Potential für unzählige Studien- und Doktorarbeiten. Ich beschränke mich auf einzelne Gedankengänge:
Nehme ich die Angaben für die Walnuss als theoretische Rechenwerte, dann hätte ich einen Jahresbedarf von 438 kg (1,2 kg x 365). Der Hektarertrag bei Walnüssen liegt grob bei 3,2 tonnen. Damit bräuchte ich für 438 kg grob 1370 m² Walnussfläche (bei 173 Bäumen pro Hektar wären das ca. 24 kräftige Bäume).
Wobei diese Zahlen rein theoretischer Natur ist, denn die Ernährung wäre viel zu einseitig!
Leider habe ich keine Zahlen über den Proteingehalt von Lindenblättern gefunden.
Sicherlich ist die Kombination von Baumkulturen in Kombination mit Weidetieren (z.B. Schafe) und Geflügel (z.B. Hühner / Gänse) sehr interessant um neben den pflanzlichen Protein auch Milch und Eier auf dem Speiseplan zu haben. Jedoch sollte ein Waldgarten schon deutlich weit entwickelt sein bevor man diese Arten an Tieren dazu gesellt, damit die Tiere Deckung vor Sonnenhitze und Raubvögeln finden.
Um im Lauf der Zeit auch Pilze, inkl. Steinpilzen, zu ernten gebe ich bei jeder Baumpflanzung auch einen Mykorrhiza-Mix dazu. Eine schnelle Ernte wird dies jedoch nicht. Man muss in Jahrzehnten rechnen…
Auch bei Ahornsamen muss berücksichtigt werden, daß der Aufwand ziemlich groß ist, eine genügende Menge zu sammeln und zu schälen.
Daher muss (vorübergehend) ein anderer Weg gewählt werden:
Ich sehe die Zedernflocken aktuell als die günstigste und praktikabelste Variante, hier und jetzt Proteine von Bäumen essen zu können:
https://www.waldgartendorf.de/shop/artikel/sibirische-zedernflocken-500g/
Nachtrag: Wegen Rückmeldungen über die genannten „Mengen“ ergänze ich eine andere Berechnung:
Körpergröße 160 cm => Normalgewicht (laut BMI-Rechner): 56 kg x 0,8 g Protein/kg Körpergewicht pro Tag (ohne Muskeltraining) = 44,8 g Protein pro Tag
das entspricht:
7,5 Eier, oder:
1,5 Liter Milch, oder:
345 g Magerquark, oder:
235 g Zedernnüsse, oder:
213 g Mandeln, oder:
138 g Zedernflocken, …
oder: 1 Ei + 100g Zedernnüsse + 100 g Mandeln
Und schon wirken die Zahlen gar nicht mehr so bedrohlich.
Das grundlegende Dilemma ist allerdings, daß die Empfehlung 0,8 g Protein/kg Körpergewicht pro Tag von einer Institution (DGE) kommt, die man kritisch betrachten kann. Auch wenn ich die internen Verflechtungen nicht kenne, so vermute ich eine Verzahnung mit der Medizinindustrie, und diese lebt davon, wenn Menschen krank sind, schwächeln und im fortgeschrittenen Alter viel Umsatz machen.
Und für einen Waldgärtner ist auch zu beachten, daß es mal eine Missernte geben kann, man sollte also darauf vorbereitet sein, ein Jahr ohne Ernte überbrücken zu können. Daher sehe ich es als passend, wenn man mehr Bäume hat als in üblichen Jahren nötig für die Versorgung. In ‚fetten‘ Jahren kann man Überschuss abgeben und in ‚mageren‘ Jahren kommt man gleichwohl durch.
Ich schreibe all dies, damit diejenigen, die sich einen Familienlandsitz erträumen und beginnen anzulegen, sich auch Gedanken um die Menge der Ernte machen und nicht nur darüber ob das Gelände schön angelegt ist.
Der Hype um proteine hat nach meiner Wahrnehmung erst nach den C-Impf. stattgefunden, oder sich zumindest stark erhöht. Ein Schelm, wer da einen Zusammenhang sieht?
Jedenfalls sind Lupinen stärker im Proteingehalt, als z.B. Soja.
Sind z.B. Süßlupinen im Waldgarten anbaubar? Sie geben auch ein sehr schönes Farbspektrum her.
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Selbstverständlich sind Süßlupinen im Waldgarten anbaubar, allerdings nicht im großtechnischen Maßstab mit Mähdrescher…
Im übrigen sehe ich keinen Hype um Proteine erst seit Corona sondern seit Anbeginn der Menschheit. Der übliche Jahrtausende lang bewährte Weg war Tierhaltung um die gespeicherte Sonnenenergie aus den Massen an Gräsern zu konzentrieren in Tierkörpern und darüber der Verzehr von tierischen Produkten wie Milch, Yoghurt, Quark, Käse und Fleisch.
Viele Grüße
Konstantin
Hallo, lieber Konstantin
Demnach… bei dieser Liste solltes du vielleicht einen Warnhinweis dazu schreiben. Bitte nicht in dieser Menge essen oder so ähnlich. Bitte fragen sie ihren Arzt oder Apotheker. Das sind ja Mengenangaben für einen Elefanten. Tut mir leid, wenn ich so in dein Tagebuch reinplatze. Aber das ist doch nicht gesund.
Ich kann zum Frühstück 2 Eier essen, neben einem Brot mit Butter und selbstgemachter Marmelade, aber dann bin ich satt. Und zwar sehr lange.
In dem Wort „Protein“ steckt das Wort „Brot“. Ein Brot … sagt schon alles.
LG Erdling
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Hallo ‚Erdling‘,
hast Du verstanden, daß die Zahlen sich auf einen Menschen beziehen mit 196 cm, also knapp 2 Meter Größe, der außerdem körperlichen Aktivitäten vergleichbar einem Athleten nachgeht?
Bist Du 196 cm groß? Machst Du täglich athletischen Leistungssport? Hast Du außerdem die Worte „oder“ gelesen?
Das Wort „Protein“ wurde abgeleitet von dem griechischen Wort πρωτεῖος proteios für „grundlegend“ und „vorrangig“, basierend auf πρῶτος protos für „Erster, Vorderster“ oder „Vorrangiger“.
Daher hat das Wort „Protein“ NICHTS zu tun mit der Herkunft des Wortes „Brot“, daß von „Brauen“, „Brühe“, „Gegorenem“ abstammt.
Im Wort
Viele Grüße
Konstantin
Hallo Konstantin,
Proteinvermarktung ist ein großes Ding. Da stecken ordentlich wirtschaftliche Interessen dahinter. Ich würde die empfohlenen Proteinmengen kritisch hinterfragen. Es dürfte am Ende wesentlich weniger Proteinbedarf sein (selbst unter körperlicher Belastung).
Es gibt wenige Studien dazu. Eine davon wies bereits bei einer Menge von 6gramm Muskelwachstum nach:
https://journals.physiology.org/doi/full/10.1152/ajpendo.00466.2001
Auch gibt es Studien die eine Anpassung belegen: Menschen die es gewohnt sind Muskelarbeit/Krafttraining zu machen, brauchen nicht mehr, sondern weniger Protein!
Hallo,
ich habe mich mal in der archäologischen Forschung umgesehen:
Wie haben eigentlich Gladiatoren gegessen?
Ihr Ernährung bestand vorwiegend aus Gerste, Bohnen und Früchten und einem Essig- Aschetrank (?).
Vermutlich nicht zeitgemäß, aber es war damals anscheinend schon möglich Vegetarier und Hochleistungssportler zu sein.