Wertvolle Kompetenz im Alltag und für den Beruf: Stenografie

Wer kennt es nicht? Während eines Telefonates macht man sich Notizen. Doch so schnell, wie der Gegenüber spricht kann man nicht schreiben. Bei wichtigen Gesprächen, mit dem Chef, einem Auftraggeber, oder einem Großkunden, also in Situationen, in denen man ‘alles’ festhalten will, oder gar muss, entsteht Stress, es quellen Schweißperlen aus der Stirn und die Nerven sind strapaziert.

Wohl dem, der Stenografie beherrscht!

Auch bei einem Vortrag, oder beim Betrachten eines Filmes, oder beim eigenen Studium, kann man als geübter Stenograf mitschreiben.
Im Parlament (Bundestag und weitere) sind Stenografen an der Tagesordnung, sogar immer mehrere gleichzeitig, denn alles Gesprochene wird aufgezeichnet und dokumentiert, inkl. Zwischenrufen.

Und, es gab in den vergangenen Jahren immer weniger Nachwuchs an Stenografen, wobei der Bedarf gleich bleibt, oder in Zukunft noch steigen wird. Die Technik-Narren, visionieren sicher von Einsatz künstlicher Intelligenz, doch der Mensch wird nie ersetzbar sein. Insofern stehen jenen, die Stenografie beherrschen, viele berufliche Perspektiven offen!

Es gibt bei ‘Steno’ im übrigen verschiedene Geschwindigkeitsklassen: Verkehrsschrift / Eilschrift / Redeschrift.

Stenografische Leistungen werden in Silben pro Minute gemessen. In normaler Schreibschrift können 30 bis 40 Silben pro Minute festgehalten werden. Wer die Verkehrsschrift (erste Stufe der Deutschen Einheitskurzschrift) beherrscht, kann ca. 120 Silben pro Minute erfassen und ist somit bereits dreimal so schnell. Bei Anwendung der Eilschrift (zweite Stufe), in der weitere Kürzel und einige grundlegende Abkürzungsverfahren verwendet werden, kann man die Geschwindigkeit der Verkehrsschrift verdoppeln, also etwa 240 Silben pro Minute erreichen. Bei Verwendung der Redeschrift verdoppelt sich die Geschwindigkeit durch den Einsatz sprachlicher und graphischer Kürzungstechniken nochmals, sodass rund 480 Silben pro Minute erreichbar sind (zum Vergleich: Nachrichten werden mit 260 bis 340 Silben pro Minute verlesen).

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Stenografie#Leistungsf%C3%A4higkeit

2022 schrieb die Süddeutsche Zeitung über den amtierenden Deutschen Stenografie-Meister in der Disziplin “Kurzschrift”, Stefan Schubert, einen Artikel:

Der schnellste Stenograf : Vom Hirn in die Hand
https://www.sueddeutsche.de/bayern/stenograf-bayerischer-landtag-steno-1.5600702

Stefan Schubert ist deutschlandweit der schnellste Stenograf. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Hier ein Beispiel einer Stenografie-Wettbewerbs-Mitschrift von Herrn Schubert:

Inhaltlich handelt es sich um Leitlinien der Bundesregierung zum Thema: “Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern”.
Der Abschnitt wurde in einer Geschwindigkeit von 325 Silben/Minute aufgenommen

Ich finde, es ähnelt mehr einer Mischung von Sütterlin-Handschrift (ca. 100 Jahre her), Hieroglyphen und einem Gemälde, denn der Schrift, wie ich sie gewohnt bin.

Ein guter Freund erzählte mir mal vor ein paar Jahren, daß er die gut 100 Jahre alte Sütterlin-Handschrift gelernt hätte und dabei beobachtet habe, wie sich seine Wahrnehmung und sein Denken verändert hatte. Es gibt eine direkte Wechselwirkung zwischen Hand und Hirn. Über die Handschrift entsteht im Hirn die Fähigkeit Buchstaben lesen zu können. Gänzlich ohne Handschrift erzogene ‘Computer-Kinder’ werden niemals so gut denken, lesen und kommunizieren können wie geübte Handschreiber. Stenografie setzt da noch eins drauf. Daher gehe ich davon aus, daß das Erlernen von Stenografie die Persönlichkeitsentwicklung positiv beeinflusst.

Auf jeden Fall ist Stenografie eine handwerkliche Kunst und eine besondere Leistung des Gehirns. Sicherlich ist eine gute Konzentrationsfähigkeit sowie eine hohe Gedankengeschwindigkeit nötig um Stenographie gut zu beherrschen.

Und bei Bewerbungen für eine neue Stelle zählt immer weniger irgendein Zettel einer Ausbildungsstätte und mehr denn je zählt, was man wirklich kann. Und da Steno (derzeit) nicht Mode ist, kann man im Fall einer Patt-Situation bei den Bewerbungsgesprächen vermuten, daß man den ansonsten gleichfähigen Mitbewerber übertrumpft, denn erfahrene Chefs wertschätzen Stenografen sehr.

Hier im Video ist bei Minute 3:35 ein außergewöhnliches Beispiel, wie kurz die “Redeschrift” sein kann:

https://www.youtube.com/watch?v=-38Ec17R5MQ

Wer Stenografie lernen will findet hier einen guten Start:
http://www.dominique-clarier.com/html/stenografie.html

110 Videos, kompletter Kurs:
http://www.dominique-clarier.com/html/stenografie_-_kurs.html

Wie es der Zufall so wollte, hatte es sich bei unserer Suche nach einem Stenografen für unsere Verhandlung am 28.3. gefügt, daß ich zuerst lauter Absagen bekam, jedoch auch immer wieder eine Empfehlung, neue Absagen und weitere Empfehlungen und schließlich landete ich bei Dr. Stefan Schubert, der dann zusagte und unser Stenograf am 28.3. wurde.

Hier veröffentliche ich eine Seite seiner Aufzeichnungen unserer mündlichen Verhandlung:

Herr Schubert schrieb mir dazu (Auszug):

“Außerdem sende ich Ihnen, wie gewünscht, eine Seite meines Originalstenogramms aus der Verhandlung sowie die zeilenweise Übertragung. Dazu noch einige Anmerkungen: Ich schreibe grundsätzlich keine Satzzeichen. Rednerwechsel zwischen zwei Rednern (nur dann funktioniert diese Methode) wird im Stenogramm durch Einrückung gekennzeichnet; das erspart das zeitraubende Aufschreiben des Namens. Daher ist nur in Zeile 1 tatsächlich “Vorsitzender” geschrieben.”

Diese 15 Zeilen, übertragen in die allgemein lesbare Schrift, lauten:

(Zeile 1) Vorsitzender: Was ist die Tatsache, die Sie damit zu beweisen versuchen,
(Zeile 2) die Tatsache, um den es Ihnen geht bei diesem Beweis?
(Zeile 3) Kläger: Das habe ich vorgetragen:
(Zeile 4) dass die gelogen haben. Wir hatten das Sozialministerium
(Zeile 5) angeschrieben. Wir haben Petition im Landtag eingereicht,
(Zeile 6) und es wurde dort gelogen.
(Zeile 7) Vorsitzender: Und die Erheblichkeit
(Zeile 8) ist letztlich mit dem Satz – vielleicht ganz gut, wo Sie das sagen –
(Zeile 9) zusammengefasst, der am Ende kommt:
(Zeile 10) wiederholt und beharrlich wahrheitswidrig behauptet haben,
(Zeile 11) uns sei jederzeit
(Zeile 12) Akteneinsicht zugestanden worden.
(Zeile 13) Kläger: Genau.
(Zeile 14) Vorsitzender: Wie – – Was
(Zeile 15) bezwecken Sie hier im Verfahren damit

Das anschließend erstellte Wortprotokoll wiederum macht aus den einzelnen Zeilen der Übertragung einen Fließtext und an den Stellen bleiben Absätze, sobald sich die Sprecher ändern.

Für die Übertragung der Stenografieaufzeichnungen von einer Stunde Gespräch in ein Wortprotokoll werden von Stenografen im allgemeinen 8 Stunden gebraucht!
Für die 2 Stunden unserer Verhandlung bräuchte es also normalerweise 2 volle Arbeitstage. Und eine 5-stündige Verhandlung bräuchte eine ganze Woche (5 Arbeitstage) an Nacharbeit des Stenografen!

Da wir jedoch die von uns verlesenen Beweisanträge Herrn Schubert schon in der Verhandlung als Ausdruck zukommen ließen, konnte er bei diesen Texten die gesprochenen Worten mit dem getippten Text vergleichen und musste nur die Abweichungen vom Schriftsatz notieren. So kam er mit 8 Arbeitsstunden für die gesamte Übertragung zurecht, was uns natürlich freut, denn jede Stunde kostet Geld. (Für diejenigen, die sich dafür genauer interessieren: Seine Rechnung stellt sich zusammen aus einer Pauschale für den Tag der Aufzeichnung, Stundenhonorar für die Übertragung, Fahrtkosten und einer Übernachtung.)

Heute habe ich mit dem Verwaltungsgericht telefoniert und dabei gehört, daß das Urteil geschrieben, aber uns noch nicht zugestellt sei, was bis Ende nächste Woche passiert sein dürfte.

Wir freuen uns über Spenden für unseren Einsatz für ein Ende der Anastasia-Diskriminierung:
Projekt Waldgartendorf e.V.
IBAN: DE25 5329 0000 2536 1013 09
Verwendungszweck: Spende

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