Das Ziel muss die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein …

Zur Erinnerung, und für alle, die diesen Text noch nicht kennen, ein Zitat aus dem deutschen Ärzteblatt von 2002:

„Der Wettbewerb zwingt zur Erschließung neuer Märkte. Das Ziel muss die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein, also in Menschen, die sich möglichst lebenslang sowohl chemisch-physikalisch als auch psychisch für von Experten therapeutisch, rehabilitativ und präventiv manipulierungsbedürftig halten, um „gesund leben“ zu können. Das gelingt im Bereich der körperlichen Erkrankungen schon recht gut, im Bereich der psychischen Störungen aber noch besser, zumal es keinen Mangel an Theorien gibt, nach denen fast alle Menschen nicht gesund sind.“

Quelle: Deutsches Ärzteblatt | Jg. 99 | Heft 38 | 20. September 2002 | Seite A 2464 | Spalte 3 | Punkt 11
https://www.aerzteblatt.de/archiv/32976/Gesundheitssystem-In-der-Fortschrittsfalle
https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=32976

Zur Klarstellung:
Diese zitierte Ansicht ist NICHT meine. Ich veröffentliche dieses Zitat NICHT weil ich dieser Ansicht wäre, sondern weil ich es als wichtig erachte sich der Realität zu stellen, daß es Interessengruppen gibt, die mehr an Krankheit interessiert sind als an Gesundheit.
Es mag nicht alle Ärzte betreffen, aber mit Sicherheit gibt es Ärzte, die dem zitierten Wertemuster verfallen sind.

4 Gedanken zu „Das Ziel muss die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein …“

  1. Wow…. daß dies mal so direkt publiziert wurde, wusste ich nicht. Auch wenn mir klar ist, daß die Logik des Kapitalismus dies eigentlich diktiert. Deshalb wird fürgewöhnlich ja auch sofort die Verschwörungstheorie-Karte gezogen, wenn man darauf hinweist. Bei dieser Quelle wird das allerdings schwierig.

    Ich hatte als Student mal das Buch „Hyperwettbewerb“ von der Bibliothek ausgeliehen. Darin werden all diese Strategien minutiös dargestellt. Ich habe es während dem Lesen gehasst. Musste aber zugeben: Ich kann es logisch nicht wiederlegen. Es ist das was sich ergibt, wenn man Kapitalismus zu ende denkt.

    https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-8349-9320-5_8

  2. Ich bekam eine Email mit folgendem Inhalt:
    Hallo Herr Kirsch,
    die Veröffentlichung von diesem Psychiater im Ärzteblatt kenne ich – sie ist bereits ca. 2022 in den Sozialen Medien herum-geschickt worden ohne dass die metakognitive Ebene begriffen wurde.
    Der Psychiater übt seine Kritik am Medizinsystem mit Recht, ja. Aber sein Beitrag trägt Züge von Stilmitteln. Das Überzogene, beinah Sarkastische sollte kenntlich gemacht werden, bitte.
    Danke für die Kenntnisnahme
    und freundliche Grüsse

    ~~~
    Nun, absichtlich habe ich die Quellenangabe zu dem Zitat direkt angefügt. So kann jeder den Zusammenhang nachlesen. Darüber hinaus betrachte ich das Zitat nicht als sarkastisch sondern als ziemlich zutreffend – wie geschrieben nicht für alle Ärzte, aber mit Sicherheit für einige.
    Viele Grüße
    Konstantin Kirsch

  3. Hallo zusammen!
    Wie der unbekannte Emailschreiber halte ich es für wichtig darauf hinzuweisen, dass der Autor Klaus Dörner einen kritischen Artikel zur Entwicklung des „Gesundheitssystems“ geschrieben hat. Er befürwortet mit keinem Wort, dass es gut ist Menschen zu psychatrisieren und sie mit Pharmaprodukten zu Dauerpartienten zu machen. Er legt genau das offen, was wir auch kritisieren. Und wir kritisieren ja auch, wenn Zitate aus dem Zusammenhang gerissen werden. Klaus Dörner sollte hier ebenfalls klar als Arzt dargestellt werden, der nicht diesem kapitalistischen Verwertungslogik folgt, sondern auf deren Gefahren für uns alle hinweist!!!
    Viele Grüße,
    Gerrit Küpker

  4. Noch als Ergänzung!
    Seine 12 Punkte (Beispiele) der Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen fast er folgendermaßen zusammen:
    „Diese Beispiele (Punkte) führen zu der Annahme, dass das Gesundheitssystem insgesamt eher wie eine Vitalitätsvernichtungsmaschine wirkt – und dies marktbedingt mit expansiver Tendenz, sind doch
    heute schon 4,2 Millionen Menschen im Gesundheitssystem beschäftigt und damit, ohne es zu wollen, an der Steigerung dieser Wirkung interessiert.“
    Für mich noch wichtigere Kritikpunkte nennt er in seinen Beispielen 5. und 6., wo es um die Abschiebung und Absonderung der Alten und Schwachen geht, um Heime für Behinderte und ihr Stigmatisierung als Krank und lästige Last. Ihre Verbannung hat unsere Familien zu verwertbaren Interessensgemeinschaften gemacht, die mittlerweile schon ihre Säuglinge mit einem 1/2 an eine Tagesmutter oder Tagesvater abgeben. Wer lebt heutzutage denn noch mit seinen Eltern oder Großeltern unter einem Dach? Wo werden die Kinder noch von einer Dorfgemeinschaft getragen und gebildet?

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