Im Oktober vergangenen Jahres verlinkte ich schon einmal zu einem Beitrag von Franz Hörman (Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien). Jetzt gibt es einen interessanten neuen Artikel:
(31.03.11) Wirtschaftsprofessor Hörmann: Wer Bankschulden zurückzahlt, macht einen Fehler
Franz Hörmann, Gastprofessor an der Linzer JKU, übt viel Kritik am aktuellen Wirtschaftssystem. Er spricht über Banken und darüber, wie unser Geld demnächst verschwindet.
BezirksRundschau: Wann, wie und wodurch wird das Geld verschwinden?
Franz Hörmann: Noch heuer durch den kompletten Staatsbankrott. Wenn sowohl die Vereinig-ten Staaten als auch die größten europäischen Länder nicht einmal noch die Zinsen auf die Staatsschuld bezahlen können, ist das die Definition des Staatsbankrotts. Das hat unmittelbar zur Konsequenz, dass sämtliche Staatsanleihen, die ja als Deckung des Geldes gelten, wertlos sind. Damit ist dann auch das Geld wertlos. Das ist eine einfache Sache und passiert mathematisch zwingend in diesem Jahr.BezirksRundschau: Das heißt eine Hyperinflation?
Hörmann: Nein. Einfach Wertlosigkeit. Dem Großteil der heutigen Bevölkerung wird das Geld einfach ausgehen. Sie werden es gar nicht mehr kriegen, weil sie kein Einkommen mehr haben. Es wird Arbeitslosigkeit geben in einem unglaublichen Ausmaß, weil keiner mehr Produkte kaufen kann. Menschen die heute nämlich ihre Bankschulden zurückzahlen, machen einen großen Fehler, denn dadurch wird Geld vernichtet. Jeder der jetzt sagt, wir befinden uns in einer Krise, ich spare und zahle Schulden zurück macht genau das Verkehrte. Schulden zurückzuzahlen, auch Staatsschulden, ist ein Fehler, weil durch Schulden Geld erzeugt und durch Rückzahlung vernichtet wird.BezirksRundschau: Wie?
Hörmann: Durch den Buchungssatz. Wenn eine Forderung ausgebucht wird, ist das Geld als rechtliches Zahlungsmittel weg. Es geht ja nicht um die Zettel oder um die Münzen. Es geht auch nicht um die elektronischen Pünktchen. Es geht um den Buchungssatz. Durch eine Bilanzverlängerung wird es erzeugt und durch eine Bilanzverkürzung wird es vernichtet. Es ist dann rechtlich gesehen weg. Und das Geld, das Banken als Kredit verleihen, haben sie ja gar nicht. Wenn eine Bank einen Kredit von 100 zur Verfügung stellt, dann hat sie das Geld nicht. Welches Risiko hat somit die Bank?BezirksRundschau: Null?
Hörmann: Null Risiko, richtige Antwort. Sie muss nach dem Gesetz der Mindestreservevorschriften nur 2 Prozent haben. Wenn die Bank nur 2 Prozent des Geldes wirklich hat, aber 6 Prozent Zinsen kassieren darf, hat sie eine Gewinnspanne von 200 Prozent. So eine Gewinnspanne hat man sonst nur bei Drogenhandel und Prostitution. Nein Moment, die Erdölwirtschaft hat 800 Prozent. Und weil ja Banken selbst im Kredit Geld erzeugen können, können sie natürlich jederzeit ihr Eigenkapital erzeugen. Daher hebeln sich Eigenkapitalgrenzen, wie Basel 2 sowieso aus. Basel 2 ist übrigens eine Erfindung der amerikanischen Banken. In Amerika selbst wurde es nie eingeführt. Es dient nur als Waffe gegen ausländische Banken.BezirksRundschau: Dient Basel 2 den Banken nicht als Schutz?
Hörmann: Jeder, der behauptet Bankrun oder so etwas hat mit Eigenkapital zu tun, der kriegt ein Nicht-Genügend in Buchhaltung. Das ist einfach idiotisch und falsch. Aber natürlich sagen das Banker. Auch der Governor Novotny hat gesagt: Die Kredite sind durch die Einlagen der Sparer gedeckt. Und jetzt muss man ihm sagen, er versteht die Bankbilanzen nicht. Denn was sind denn Spareinlagen in der Bankbilanz? Das sind Schulden für die Bank. Das ist Geld, das die Bank den Sparern schuldet. Und wie kann ich denn mit Schulden Kredite decken? Denn die Münzen, die Scheine, das Geld, das behält die Bank nicht. Das ist nicht der Dagobert Duck. Die schmeißen das nicht in den Tresor und baden drinnen. Das ist sofort wieder irgendwo am Kapitalmarkt, wird verzockt und kommt vielleicht wieder zurück vielleicht aber auch nicht.BezirksRundschau: Österreich geht also so bankrott wie Griechenland?
Hörmann: Alle Staaten werden zwangsläufig bankrott gehen, weil die Schulden gar nicht rückzahlbar sind. Das ist denkunmöglich, weil das Geld gar nicht vorhanden ist. Wenn man sagt, es liege auf den Sparbüchern, dann ist das eine Idiotie, denn als Zahlungsmittel ist es nicht vorhanden. Das ist ein Eintrag in eine Buchungszeile und sind Schulden der Banken. Wir haben heutzutage die Situation, dass Münzen und Bankscheine gesetzliche Zahlungsmittel sind. Das sogenannte Buchgeld ist aber kein gesetzliches Zahlungsmittel, das ist nur eine Forderung. Wenn Sie heute ihr Geld auf die Bank tragen, dann gehört es Ihnen nicht mehr. Sie geben damit Ihr Eigentum auf. Denn die Bankeinlage kommt in die sogenannte Sammelverwahrung der Bank. Dort haben sie nur mehr eine Forderung auf ihr Geld. So kann die Bank jederzeit sagen: Tut mir leid, ich habe das Geld verspielt oder hergeschenkt oder selbst verkonsumiert, Sie kriegen es nicht mehr. Das ist in der heutigen Form der Bank gesetzlich zulässig.BezirksRundschau: Verschuldet sich der Staat am Kapitalmarkt?
Hörmann: Nein, nicht am Kapitalmarkt, er ist bei den Privatbanken verschuldet. Den Kapitalmarkt als Institution gibt es nicht. Das ist ja nur ein Wortspiel. Es gibt ja nur die Teilnehmer am Kapitalmarkt. Diese spielen untereinander Spiele. Das ist so, wie in einem Pokerzimmer. Sie schulden dem Pokerzimmer nichts. Sie schulden den individuellen Spieler etwas. So schuldet der Staat den einzelnen Banken etwas. Das ist natürlich vollkommen absurd, grotesk und skurril, denn die Banken, bei denen der Staat selber verschuldet ist, sind genau die Banken, die er jetzt mit Steuern gerettet hat. Das ist der Schwachsinn in diesem Konstrukt.BezirksRundschau: Unser Geld verschwindet, was kommt dann?
Hörmann: Als erstes kommt so etwas wie funktionales Geld, wie Lebensmittelmarken, um die Grundbedürfnisse zu decken.BezirksRundschau: Regionalwährungen?
Hörmann: Nein, das kann nicht funktionieren. Die haben keine Chance, weil sie immer nur in einer viel zu kleinen Region gelten.BezirksRundschau: Beim Freigeld von Wörgl in Tirol hat das aber sehr gut funktioniert?
Hörmann: Nein, das kann auch nicht funktionieren, weil damals hat man zur Deckung von Freigeld 7000 Schilling in eine Bank eingelegt, und das haben wir ja dann nicht. Wir schöpfen uns einfach selber das Geld aus der Luft, das wir haben wollen, das ist überhaupt kein Problem.
Währungen an sich gibt es nämlich überhaupt nicht. Weil wir mit Geld immer einen Preis bezahlen. Aber ein Preis ist ein Wertverhältnis, eine dimensionslose Größe. Das heißt etwas wie Schilling, Euro, Dollar, Yen, Pfund, das ist ein vollkommener Unsinn, weil eine Relation keine Dimensionszahl besitzen kann. Dieses Anhängsel, Dollar, Euro, Pfund, war ursprünglich ein Hoheitszeichen. Das haben die Herrscher in ihren Königreichen angehängt als Transaktionserlaubnisschein. Die haben gesagt: das ist mein Siegel, damit erlaube ich eine wirtschaftliche Tätigkeit in meinem Herrschaftsgebiet. Dann hat man das blöderweise als Wert betrachtet, um damit zu spekulieren. Das ist ein Hoheitswappen, das man als Wert betrachtet und irgendwo verhökern will – das ist krank. Es ist ein Hoheitszeichen und sonst nichts.BezirksRundschau: Sie sprechen Hoheiten an. Inwieweit ist unser Wirtschaftssystem ein Erhaltungssystem geschaffen für „Eliten“?
Hörmann: Zu hundert Prozent, es war nie etwas anderes. Die Familienmitglieder und Freunde der Politiker haben ihre eigenen Banken und können denen – wann immer sie wollen – Kredite, Vorzugsaktien, Wertpapiere, von denen sie wissen, dass der Kurs steigt, und laufend risikolose Gewinne zukommen lassen. Massenweise und nur so. Das geht wie man sieht in Kärnten sogar auf Landesebene. Wahrscheinlich sogar auf der Gemeindeebene, wenn es eine Gemeindebank ist. Banken sind private Geldpressen.BezirksRundschau: Der Ökonom Stephan Schulmeister hat an der Linzer Uni kürzlich gesagt, die Wirtschaftswissenschaft ist eine autistische Wissenschaft. Was sagen sie dazu?
Hörmann: Die Veränderungen, die wir jetzt momentan haben, werden dazu führen, dass es Wirtschaftswissenschaften gar nicht mehr geben wird. Wirtschaftswissenschaften haben schon jetzt, so wie sie heute in den Lehrbüchern steht, keine Existenzberechtigung mehr. Überhaupt keine. Jeder, der heute so etwas noch vorträgt, der muss das wirklich vor seinem eigenen Gewissen verantworten können. Wir brauchen Psychologie, wir brauchen Soziologie, wir brauchen Technologie und wir brauchen ein anderes Menschenbild. Wirtschaftswissenschaften und Rechtswissenschaften sind keine Wissenschaften. Weil etwas, das ich nicht überprüfen kann, das ich aber aus Gründen, die ich nicht erklären kann, anderen als Norm vorgeben will, kann man nicht mit Wissenschaft rechtfertigen. Das sind nichts anderes als Fassaden zur Aufrechterhaltung von Herrschaftsmustern. Diese brechen jetzt zusammen, durch die freie Informationsvernetzung.