Schwarmfang mit Hindernissen

Am Samstag konnte ich mich schon etwas an schwindelnde Höhen gewöhnen: Ein Bienenschwarm hing auf ca. 7 Meter Höhe an einem dicken, waagerechten Eichenast. Der Schwarm konnte mit langer Leiter und Rohr geholt werden und ist glücklich in seinem neuen Haus. Am Sonntag jedoch kam es richtig dicke: Ein kräftiger Schwarm in 10 -11 Meter Höhe! Sofort habe ich Lukas, meinen Freund und Imkerlehrer angerufen, der schon auf dem Weg zu mir war (er hat ein gutes Gefühl wann Schwärme fallen).

Der Weg zu dem Baum ging durch ein Dickicht aus Rosen und Weißdorn…
Als Basis diente eine 5 Meter Obstbaumleiter mit Stützen. Darauf haben wir eine 7 Meter Anlegeleiter gelehnt und beide mit Spanngurten fest verbunden. In ca. 6 Meter Höhe habe ich die längere Leiter an einen Eichenast gegurtet. Als Zubehör diente das „Seifertsche Schwarmfangrohr“: Zwei KG Abwasserrohre, je 2m Länge, zusammengesteckt ohne Dichtung, dazu ein Adapter auf größere KG Rohre, der als Sammeltrichter dient. Am unteren Ende wird eine Damenstrumpfhose über das Rohr gezogen so dass die gesammeten Bienenweich landen und im Rohr bleiben.

Also rein in den Schutzanzug, rauf auf die Leiter und oben im Rohrtrichter einen Pumpwassersprüher um den Schwarm zu befeuchten (dann fliegt er nicht so leicht auf).  Beim schwankenden Hantieren verklemmte sich der Rohrtrichter in einer Astgabel und beim Versuch ihn zu befreien hat sich der Trichter gelöst und ist mit dem Wassersprüher abgestürzt… und im Dornenbusch hängengeblieben…

Nächster Schritt: Teleskop-Astschere (4m Länge) genommen und störende Äste entfernt. Wassersprüher wieder in den aufgesetzten Trichter, … und wieder ist er hängen geblieben und abgestürzt…

Den Rohrtrichter habe ich nun mit mehreren Gummis am Rohr fixiert (das original Dichtungsgummi wäre ideal gewesen) und endlich konnte ich den Schwarm gut befeuchten.

Als nächstes das Rohr ohne Sprühflasche und ab in dem Schwarm damit… Nur, das Problem war, dass die Bienen in einem dicht belaubten, eng verzweigten Ast hingen. Es lösten sich fast gar keine Bienen. Die wenigen im Rohr haben wir an der neuen Beute aufs Einlaufbrett gegeben und fanden darin leider keine Königin.

Ein weiterer Anlauf schien unmöglich, denn aus diesem Ast kann ich mit dem Rohr keine Bienen „schütteln“. Also haben wir uns zu einem drastischen Schritt entschlossen: Mit der Teleskopschere musste ich den Ast mit dem Schwarm abschneiden! Dazu musste ich auf der Leiter noch höher klettern, richtig zielen und beidhändig die Schere bedienen, … sofort eine Hand von der Schere genommen und wieder an der Leister angefasst… und den ganzen Schwarm über uns abregnen lassen… Dann hies es warten… im starken Brausen…

Der neu entstenden Schwarm entstand etwas niedriger an „nur“ ca. 9-10 meter Höhe. Angenehmer weise nun jedoch an einem unbelaubten Ast. Also wieder rauf auf die Leiter, mit dem Rohr gezielt und ca. 1kg Bienen erwischt. Plötzlich durchfährt mich ein starker Schmerz… eine Bienen hat durch den dicken Lederhandschuh gestochen. Gleichzeitig ist die Strumpfhose gerissen… Zügig zum neuen Standort gelaufen (ca. 100m) und ab aufs Einlaufbrett: keine Königin. Nun denn, zweiter Versuch.

Dann endlich konnte ich eine grosse Menge Bienen erwischen und die Königin war dabei. Endlich ist der Schwarm in die neue Bienenwohnung eingezogen.

Wer mein hiermit wäre die Geschichte zu Ende, der irrt.

Ein paar Stunden nachdem (!) alle Bienen in der Beute waren ist der Schwarm wieder ausgezogen. Angenehmerweise hat er sich in nur 4 Meter Höhe in einer Felsenbirne gesammelt. Umgehend habe ich sie mit einem Schwarmfang-Siebkasten gefangen:

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Nun konnte damit die Königin finden und mit einem Clip fangen. So konnte ich die Bienen „lehrbuchmäßig“ in die Beute einlaufen lassen: Am Flugloch die Königin im Käfig, ein paar Bienen dazu geben und dann die Königin freilassen, sie läuft in den Hohlraum, die Bienen hinterher, stück für Stück, mit einer Suppenkelle weitere Bienen … langsam … dazu geben, ein Strom an einziehenden Bienen entsteht… Alles perfekt gelaufen. Bienen drin, die Nacht kann kommen.

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Durchs Kontrollfenster habe ich eine wunderbare Bienentraube in der Kiste sehen können – alles super.

Am nächsten Morgen flogen sich die ersten Bienen ein, der Standort schien ihnen zu gefallen. … Doch dann um 12 Uhr fliegt der Schwarm plötzlich wieder raus und hängt sich in äußerst angenehmer Arbeitshöhe von nur noch 1,5 Meter in eine Thuja.

Also wieder ran an die flotten Bienen und ab in den Siebkasten. Kurze Zeit später bildet sich eine erneute, kleine Bienentraube am Thuja-Ast. Hatte ich die Königin nicht erwischt? Also zweite Ladung gefangen mit Metalltrichter und Multibox XL. Dann konnte ich beobachten welche der beiden Kisten mehr herumfliegende Bienen anlockt. Offensichtlich war die Königin im Siebkasten.

Also Bienen gesiebt und nach der Königin gesucht: … na da ist sie ja … her mit dem Clip und klapp, gefangen, … denkste, kurz vor dem Schließen des Clip düst die Dame raus und fliegt davon. sie dreht noch ein paar Ehrenrunden und weg ist sie.

Nun denn, die Bienen werden sie finden: Siebkasten ausgeschüttelt und Multibox geöffnet. Und warten …

Und dann passiert was ich nicht ahnte: Die Bienen sammeln sich in (!) der geöffneten Multibox. Da war die Dame doch tatsächlich in die geöffnete Kiste hinein geflogen anstatt dass die Bienen rausgeflogen sind.

Also ab mit dem Schwarm nochmals in den Siebkasten und Pause. Kiste in den Schatten und Durchschnaufen.

Schnell zum Baumarkt und ein paar Bretter besorgt um das Einlaufbrett umzubauen. Der Übergang Brett zu Beute mit Bettlaken hat mir nicht gut gefallen.

Während dem Sägen und Schrauben hebt sich der Schwarm plötzlich ab und fliegt hoch in der Luft! Doch er fliegt nicht weg, denn die Königin kann nicht aus der Kiste. Ich zügle meine Neugier und schaue nicht in den Siebkasten. Die Bienen fliegen wieder zurück. Puh, die Königin ist wirklich in der Kiste!

Also schnell das Einlaufbrett fertig gebaut und einen ganz neuen Standort mitten im Wald gebaut. Das Einlaufbrett befestigt und es kann los gehen:

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Beim Öffnen des Siebkastens haben wir die Königin gefunden, beim zweiten Versuch auch mit dem Clip erwischt und in einen Ausfresskäfig mit Futterteig gesteckt. Ab in die Kiste und Schwarm hinterher … und alles gut.

Heute früh noch mal geschaut. Alles sieht gut aus. Ich hoffe, dass die Bienen nun glücklich sind.

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Nachtrag: Heute mittag ist der Schwarm wieder ausgezogen und in schwindel erregender Höhe (ca. 30-40 Meter) über den hohen Eichen davon gezogen. Den Ausfresskäfig haben sie sehr schnell geleert und sind dann los. Immerhin wurden in den wenigen Stunden mehrere Waben gebaut. Sicherleich hätte ich mit einem Absperrgitter die Königin zwingen können im Stock zu bleiben. Doch irgendwann grenzt das Handeln an Gewalt und die will ich den Bienen nicht antun. Daher ist dieser Schwarm nun ein Geschenk an den Wald und die Wildniss. Möge er ein gutes Zuhause finden.

1 Gedanke zu „Schwarmfang mit Hindernissen“

  1. Wow Konstantin toller Einsatz.
    Letztes Jahr habe ich eine ähnliche Erfahrung gemacht als ein Schwarm am/im/um einen Zaun war und sie irgendwann durch meine Versuche so sauer wurden das mich ca.5 Bienen durch den Lederhandschuh stachen.(„Stop – verpiss dich“)
    Meine Hand wuchs zur doppelten Größe.

    Nachdem ich einen Schwarm eingefangen habe tue ich ihn 24h in „Dunkelhaft“ also halte die Beute zu. Dann lässt der Schwarmtrieb nach. Vorraussetzung gute Belüftung und ein paar Honigwaben.
    Liebe Grüße
    Marcel

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